Frankfurt – Die Währungsunion muss nach Einschätzung von EZB-Direktor Yves Mersch viel stärker als bisher für die Einhaltung ihrer gemeinsamen Regeln eintreten. "Abweichlern muss früher und dezidierter Einhalt geboten werden", forderte Mersch am Dienstag auf einer Kapitalmarktkonferenz in Frankfurt.

Der Direktor der Europäischen Zentralbank (EZB) sprach sich zudem dafür aus, dass die Länder auch in haushaltspolitischen Fragen noch enger zusammenarbeiten. Dies sei zu einem gewisse Grad notwendig, damit die Währungsunion widerstandsfähiger werde.

"Es geht nicht darum, die komplette Einnahmen- und Ausgabenpolitik der Mitgliedstaaten zu zentralisieren", sagte Mersch. Eine echte Währungsunion funktioniere aber nur dann reibungslos, wenn manche Entscheidungen auch gemeinsam getroffen werden. "Dafür könnte – irgendwann – ein euroraumweites Schatzamt den Rahmen bieten", so Mersch.

Zur vorläufigen Einigung im Schuldenstreit mit Griechenland sagte er, sie zeige, dass Europa handlungsfähig und gewillt sei, politisch zusammen zu stehen. "Ich bin nicht einverstanden, wenn gesagt wird, Deutschland hat sich durchgesetzt," sagte Mersch. Eine Währungsgemeinschaft sei eine Haftungsgemeinschaft – niemand könne sich mehr gegen den Rest durchsetzen.

Mersch sprach sich außerdem für eine rasche Einigung über eine Brückenfinanzierung des Banken-Abwicklungsfonds aus, damit die Bankenunion weiter vorankommt. Denkbar sei eine Kreditlinie des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM). Der ESM diente bisher dazu, Finanzmittel für in finanzielle Schieflage gerate Länder der Eurozone gegen Reformauflagen bereitzustellen. Eine solche ESM-Kreditlinie solle haushaltsneutral ausgestaltet werden, sagte Mersch. Vorauszahlungen der Länder könnte die Finanzwirtschaft über Abgaben erstatten. "Dies würde helfen, die enge Verzahnung zwischen Staaten und ihren Banken zu lösen." Gelinge dies, würde dies auch die Geldpolitik spürbar entlasten. (APA/Reuters, 14.7.2015)