IWF-Chefin Christine Lagarde hält Eurozonen-Lösung für Athen nicht für tragfähig.

Brüssel/Wien – Einen Tag nach dem Durchbruch in Sachen Griechenland-Hilfsprogramm wachsen Kritik und mehren sich Stolpersteine auf dem Weg zu einer fixen Vereinbarung. So gibt es gröbere Probleme bei einer Übergangsfinanzierung von gut zehn Milliarden Euro, bis das neue Paket geschnürt ist.

Gegen eine Bedeckung der Lücke durch den in der EU-Kommission angesiedelten Fonds EFSM legen sich Großbritannien und Tschechien quer. Eine Freigabe benötigt aber einen einstimmigen Beschluss. Auch der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble sprach sich vehement gegen das Vorhaben aus, das von der EU-Kommission ventiliert wird.

Neben der verworrenen politischen Lage in Griechenland selbst gibt es jetzt auch noch Bedenken des Währungsfonds. Er moniert in einem neuen Papier, dass der Schuldenberg mit dem neuen Programm noch einmal drastisch wachsen werde. Bis Ende 2018 sei mit einem Schuldenstand von fast 200 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung zu rechnen, heißt es in einer dreiseitigen IWF-Unterlage, über die die Agentur Reuters am Dienstag berichtete.

IWF-Analyse: Schuldenlast "unhaltbar"

"Die griechischen Schulden sind in höchstem Maße unhaltbar geworden", heißt es in der Aktualisierung der vor knapp zwei Wochen veröffentlichten IWF-Analyse zur Schuldentragfähigkeit weiter. Das Land benötige Schuldenerleichterungen weit jenseits der bisherigen Erwägungen.

Griechenland und die anderen Euroländer hatten sich am Montag auf die Umrisse eines weiteren Hilfspakets im Umfang von bis zu 86 Milliarden Euro geeinigt. Das sind rund 25 Milliarden Euro mehr, als der IWF zuletzt noch angenommen hatte. Darin war für 2022 von einer Schuldenstandsquote von 142 Prozent die Rede, nun rechnet der IWF mit 170 Prozent.

Die Euroländer hatten einen Schuldenerlass ausgeschlossen, wollen aber über eine weitere Verlängerung der Kreditlaufzeiten sprechen. Dem IWF zufolge müssten alle bisherigen und künftigen Hilfskredite auf mindestens 30 Jahre gestreckt werden, um die Schuldenlast tragbar zu machen. Griechenland hatte bereits in den beiden ersten Programmen rund 230 Milliarden Euro erhalten.

ESM will nicht alles zahlen

Angesichts der Bedenken des IWF gilt es als fraglich, ob der Fonds bei der weiteren Finanzierung Griechenlands mitmacht. Er darf neue Kredite nur vergeben, wenn die Rückzahlung gesichert scheint. Allerdings ist das letztlich eine politische Frage – mit Zustimmung der USA und der Europäer wäre die Bereitstellung frischer Mittel wohl schwer zu vereiteln, meinen Kenner des Währungsfonds.

Der Chef des Rettungsfonds ESM, Klaus Regling, sagte bereits am Montag, er erwarte nicht, "dass der ESM die gesamten 82 bis 86 Milliarden Euro beisteuern muss". Die Summe falle geringer aus, weil sich voraussichtlich auch der Internationale Währungsfonds weiter an der Griechenland-Rettung beteiligen werde.

Schäuble verteidigt Grexit-Option

Zudem könne Athen aus Privatisierungen einen Teil des Geldes selbst aufbringen und werde vor dem Ende des neuen Programms im Jahr 2018 bereits wieder Zugang zu den Finanzmärkten haben, um dort Kredite aufzunehmen. Dies werde "die ESM-Finanzierung senken". Am Dienstag war von 40 bis 50 Milliarden Euro die Rede, die der Fonds beisteuern solle.

Schäuble hat den umstrittenen deutschen Vorschlag eines Grexit auf Zeit am Dienstag verteidigt. Er habe diese Option gegenüber seinen Euroamtskollegen vorgebracht, "weil es einige in der Bundesregierung gibt, die der Meinung sind, dass das die bessere Lösung für Griechenland sein könnte", sagte Schäuble nach einem Treffen mit EU-Finanzministern in Brüssel. (as, APA, 14.7.2015)