Gerade einmal bis zum Wadel des Herrn Professors reichen die Boliden der Studierenden beim Eco-Marathon.

Foto: Gluschitsch

Diese Fahrzeuge sind so effizient, dass sie mit einem Liter Benzin über 3000 Kilometer weit fahren.

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Oder rund 8000 Kilometer mit dem Energieequivalent in Strom.

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Es geht ein wenig so zu, wie man sich das in einem Bienenstock vorstellen würde. Junge Menschen, die an HTLs, Fachhochschulen und Universitäten studieren, haben die eine Seite des Geländes okkupiert, Kinder und Jugendliche die andere. Die einen hetzen zwischen der Halle, die als Boxengasse fungiert, zum Vorstart, die anderen zwischen Vorstart und jener Halle, die ein großer Spielplatz ist. Egal wo man hinsieht, überall sieht man ein Shell-Logo. Von Brent Spar, der Idee, dass Shell in der Arktis nach Öl bohren möchte, von Nigeria, Irland oder der Region des Niger-Delta, wo Shell fürchterliche Spuren hinterlassen hat, spricht hier niemand.

Shell zelebriert in Rotterdam den Eco-Marathon und hüllt sich mehrere Tage in ein grünes Feigenblatt. Die Lehrer der Umgebung machen mit und karren ihre Schüler hierher. 228 Teams aus 26 Ländern machen auch mit und spielen auf höchstem Niveau Spritsparrennen. Darunter sind auch zwei Teams aus Österreich. Die HTL Salzburg tritt mit einem E-Fahrzeug in der Klasse Urban Concept an, die FH Vorarlberg ebenfalls mit einem E-Boliden in der Klasse der Prototypen.

Der Eco-Marathon

Urban Concept und Protoype sind auch die beiden Klassen, in welche der Eco-Marathon getrennt ist. Während die Prototypen fast alle Freiheiten haben und diese auch bis auf den letzten Beistrich des Reglements auskosten, sind die Urban Concept-Fahrzeuge so nahe an der Serie, dass sie mit ein wenig Aufwand für die Straße zugelassen werden können. Wie beim Boliden der HTL Salzburg handelt es sich dabei meist um ein Moped-Taferl. Die beiden Kategorien trennen sich noch einmal nach dem Antrieb auf: E-Motor oder Verbrennungsmotor.

Futuristische Fahrzeuge, die nur wenige Zentimeter hoch sind, fahren auf dem 1,6 Kilometer langen Rundkurs gegeneinander. Sie schauen schon am Stand pfeilschnell aus – bolzen dann aber so langsam im Kreis, dass man mit etwas Mühe daneben mitlaufen könnte. Während der zehn Wertungsrunden müssen die Teilnehmer eine Durchschnittsgeschwindigkeit von mindestens 25 km/h erreichen.

Die Challenge ist aber nicht, wie man als Zuschauer meinen könnte, möglichst knapp gerade noch über die Schallmauer der Mindestgeschwindigkeit zu kommen. Nein, die Grundidee ist die Antwort auf die Frage zu bekommen, wie weit man mit einem Liter Sprit fahren kann.

Leicht und windschlüpfrig

Möchten Sie noch schnell raten? Sie kommen eh nicht drauf. Der Eco-Martahon-Rekord liegt bei 3315 Kilometer, die ein Prototyp mit einem Liter zurücklegte. Hochgerechnet halt. Und das geht so: Die Fahrzeuge sind wahnsinnig leicht, extrem windschlüpfrig, und, wie schon erwähnt, unglaublich langsam. Das Geheimnis ist aber, dass der Motor pro Runde nur rund zehn Sekunden läuft. Die restliche Strecke bewältigen die Renner im Segelmodus.

1939 haben angeblich zwei Shell-Mitarbeiter den Eco-Marathon erfunden, in dem sie sich die Frage gestellt haben, die heute noch dem Wettbewerb zu Grunde liegt. Auf den ersten Blick ist es eine sonderbare Veranstaltung für einen Mineralölkonzern, der davon lebt, sein Erdöl möglichst gewinnbringend an uns zu verkaufen. Doch während des Eco-Martahons ist Shell ein Energieanbieter, dem am Herzen liegt, als dass alle möglichst sparsam unterwegs sind.

Unvergleichbare Antriebe

Den Höhepunkt erreicht das seltsame Schauspiel aber erst, wenn Shell erklärt, man könne keinen Gesamtsieger küren und man müsse E-Fahrzeuge und Boliden mit Verbrennungsmotor in eigenen Gruppen werten. Der offizielle Grund dafür liegt darin, dass die Shell-Techniker zwar den CO2-Ausstoß für den Treibstoff, nicht aber für den verwendeten Strom bestimmen können. Die Energie-Equivalente als Berechnungsgrundlage herzunehmen geht natürlich nicht. Und das liegt sicher nicht daran, dass die E-Fahrzeuge mit der Energie, die in einem Liter Benzin steckt, mehr als doppelt so weit fahren wie ein Fahrzeug mit Verbrennungsmotor.

Doch so seltsam die ganze Veranstaltung wirkt, die Teilnehmer gehen dabei an ihre Grenzen, lernen praxisnah und interdisziplinär, um hier starten zu können. Da spielt es gar keine Rolle, ob man den Landesrekord aufstellt, wie die FH Vorarlberg, oder ausscheidet, wie die Salzburger. (Guido Gluschitsch, Rondomobil, 17.7.2015)