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Die Polizei von Mukatschewe musste das Kampfgebiet weiträumig absperren.

Foto: AP Photo/str

Moskau/Kiew – Eine Kleinstadtschießerei als Fanal für die Ukraine: Mukatschewe, eine 85.000-Seelen-Gemeinde in der Westukraine, 40 Kilometer von der Grenze zu Ungarn entfernt, wurde am Wochenende Austragungsort eines erbitterten Machtkampfs zwischen dem paramilitärischen Rechten Sektor und dem Innenministerium. Stundenlang lieferten sich die Nationalisten Gefechte mit der Polizei. Dabei kamen auch schwere Maschinengewehre und Granatwerfer zum Einsatz. Die Bilanz der Attacke: drei Tote, 14 Verletzte, mehrere ausgebrannte Autos – und ein politisch sichtlich angeschlagener Präsident.

Petro Poroschenko hatte zunächst angeordnet, "die Verbrecher, die die Schießerei in Mukatschewe begonnen haben, zu entwaffnen und festzunehmen." Doch die Demonstration der Stärke gelang nicht, stattdessen musste sich Poroschenko in demütigende Verhandlungen mit Nationalistenführer Dmytro Jarosch begeben, der seinen Anhängern verbot, aufzugeben.

Rechter Sektor Staat im Staat

Der Rechte Sektor lieferte am Montag seine Sichtweise des Vorfalls: Demnach haben die Paramilitärs in der grenznahen Region die Funktion von Ordnungshütern übernommen und seien gegen Zigarettenschmuggel vorgegangen, der ihren Angaben nach vom Rada-Abgeordneten Michail Lanjo (dessen Angaben deuten eher auf versuchte Schutzgelderpressung des Rechten Sektors hin) gedeckt wird. Daneben fordern sie die Absetzung von Innenminister Arsen Awakow, der seit einiger Zeit den Kurs gegen die radikalen Extremisten verschärft hat.

Zur Unterstützung der Kämpfer in Mukatschewe trommelte Jarosch landesweit Anhänger zu Demonstrationen zusammen. Vor der Präsidialverwaltung richteten Anhänger des Rechten Sektors in Flecktarnbekleidung gar eine Feldküche ein, um ihren notfalls langen Atem zu demonstrieren. Widersprüchliche Berichte gibt es zudem über einen Truppenabzug von Freiwilligenbataillonen des Rechten Sektors im Donbass und sogar von angeblichen Straßensperren vor Kiew.

In jedem Fall zeigte die Drohgebärde Wirkung: Das Innenministerium wurde von der Behandlung des Vorfalls in Mukatschewe vorläufig ausgeschlossen, die Verhandlungen hat der Geheimdienst SBU übernommen, dessen Chef Wassili Grizak sicherte den Nationalisten eine "gerechte Untersuchung" zu. Der Geheimdienst habe nur Fragen an Einzelpersonen, die Tätigkeit des Rechten Sektors werde nicht eingeschränkt.

Zudem wurde die gesamte Führungsebene der Zollbehörden in der Karpatenregion beurlaubt, der Abgeordnete Lanjo vernommen, ihm droht der Entzug der Immunität. Die an der Schießerei beteiligten Männer hingegen waren Montagabend noch auf freiem Fuß. (ab, 13.7.2015)