Stefano Micossi befürchtet negative Folgen für Italien.

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Stefano Micossi, Generaldirektor des Verbandes börsennotierter Aktiengesellschaften (Assonime), warnt im STANDARD-Gespräch vor den Folgen der griechischen Wirren für sein Land: "Italien ist von der Griechenland-Krise – wie immer diese ausgeht – stark betroffen. Denn mittel- und langfristig werden sich Auswirkungen auf den Spread, die Zinsdifferenz zwischen italienischen und deutschen Staatsanleihen, zeigen. All jene, die die Griechenland-Krise für Italien als harmlos bezeichnen, geben sich einer Illusion hin."

Italien zähle mit einer Gesamtverschuldung von 133 Prozent des Bruttoinlandsproduktes zu den meistgefährdeten Staaten. Der bereits in den vorigen Tagen von 125 auf bis zu 160 Basispunkte ausgeweitete Spread sei für einen effizienten Schuldenabbau zu hoch.

Aber nicht nur die Schuldenexplosion, auch das langsame Wirtschaftswachstum von heuer 0,7 auf nur knapp über ein Prozent in den kommenden Jahren werde dafür sorgen, dass die Erholung der italienischen Wirtschaft auch in Zukunft jener Europas hinterherhinkt. Es seien nicht nur die Gewerkschaften, sondern auch die parlamentarische Kultur, die in Italien unternehmer- und zum Teil auch kapitalmarktfeindlich agiere. Micossi prangert vor allem die erhöhte Kapitalertragsteuer und die jüngsten, vom Parlament verabschiedeten Class-Action-Regeln an. Letztere besagen, dass, sollte eine Minderheit von Verbrauchern in einem Rechtsstreit mit einem Unternehmen Recht erhalten, sämtliche Verbraucher daraus Nutzen ziehen können (Sammelklage). All dies bremse die Investitionstätigkeit. Zwar haben sich in jüngster Zeit ausländische Investoren kräftig bei italienischen Finanz-und Industrieunternehmen engagiert.

Der Anteil ausländischer Kapitalbeteiligungen, vor allem seitens US-Finanzinvestoren, arabischer Staatsfonds und der Peoples Bank of China, sei am Mailänder Aktienmarkt von 25 im Jahr 2013 auf mittlerweile 40 Prozent gestiegen. Doch Greenfield-Investitionen – für die Errichtung gänzlich neuer Produktionen – seien weiterhin an einer Hand abzuzählen. (Thesy Kness-Bastaroli aus Mailand, 13.7.2015)