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IWF-Chefin Christine Lagarde zwischen Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem und IWF-Direktor Poul M. Thomsen.

Foto: AP/Mayo

Brüssel/Athen – Griechenlands Reformvorschläge reichen den Euro-Partnern nicht aus. Die Länder der Eurozone sind gespalten, ob das hochverschuldete Griechenland mit einem dritten Hilfsprogramm unterstützt werden soll. Mehrere Minister beklagten, dass das Vertrauen in die Regierung in Athen erschüttert sei, nachdem die Griechen sich in einem von der Regierung angesetzten Referendum vor einer Woche mehrheitlich gegen weitere Spar- und Reformmaßnahmen gewandt hatten. Es bestehen Zweifel am Willen der Regierung, die Reformen tatsächlich umzusetzen.

Die Europartner wollen heute in weiteren Krisentreffen eine Lösung im dramatisch zugespitzten Schuldenstreit finden. Zuvor waren um Mitternacht die Euro-Finanzminister (Eurogruppe) nach mehr als neunstündigen Beratungen in Brüssel ohne gemeinsame Erklärung auseinandergegangen.

Sondergipfel abgesagt

Derzeit setzen sie ihre Gespräche fort. Am Nachmittag sollen auch die Staats- und Regierungschefs der Währungsunion zusammenkommen. Der ursprünglich geplante, folgende Sondergipfel der 28 EU-Staats- und Regierungschefs ist laut EU-Ratspräsident Donald Tusk abgesagt. Er könnte am Sonntag kommender Woche stattfinden. Außerdem wird ein weiteres Sondertreffen der Eurogruppe nach der regulären Sitzung am morgigen Montag ebenfalls nicht ausgeschlossen.

Das Treffen der Euro-Staaten startet wie geplant um 16 Uhr und "wird so lange dauern, bis wir die Gespräche über Griechenland beendet haben", so Tusk.

Die EU-Kommission wird nach Einschätzung ihres Vizepräsidenten Valdis Dombrovskis am Sonntag aber wohl kein Mandat erhalten, die Details eines drittes Hilfspakets mit der griechischen Regierung auszuhandeln: "Die Diskussionen sind recht kompliziert, wir hoffen auf mehr Fortschritte heute."

Letzte neue Frist

Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) hat sich trotz der Unterbrechung der Eurogruppe am Samstag um Mitternacht optimistisch für eine Einigung mit Griechenland gezeigt. Vor Beginn der am Sonntagvormittag wieder aufgenommenen Tagung der Finanzminister der Währungsunion sagte Schelling, das "Memorandum of Understanding" müsse bis 20. Juli stehen.

Also ist der 20. Juli die neue allerletzte Deadline? – Der Minister: "Das ist mit der EZB jedenfalls so vereinbart. Ich nehme an, das wird etwas länger dauern. Aber wenn es länger dauert, das MoU zu entwickeln, wird man diskutieren, wie man allfällige Zwischenfinanzierung durchführen kann, bis das endgültige MoU zur Entscheidung vorliegt". Schelling sagte, dies sei der erste Schritt. "Mit dem ersten Schritt muss ich noch ins Parlament und berichten, dass es überhaupt ein ESM-Programm geben könnte. Das kann im Laufe der Woche noch erfolgen, dann werden die Verhandlungen aufgenommen.

Neue Berechnungen

Der kolportierte deutsche Vorschlag eines befristeten Ausstiegs Griechenlands aus der Eurozone – ein 5-Jahres-Grexit – sei "nicht offiziell bei der Eurogruppe eingebracht worden", betonte Schelling. Auch die zuletzt berichtete Summe von 82 Mrd. Euro für ein drittes Hilfspaket für Athen teilt der Minister nicht. "Für mich ist immer noch der aktuelle Stand der finanziellen Notwendigkeiten, den die Institutionen dargestellt haben, bei 72 bis 74 Mrd. Euro. Wenn man Veränderungen im Programm durchführt, muss man das neu rechnen". Allerdings könnten diese Berechnungen erst erfolgen, wenn das MoU fertig sei.

Schelling bekräftigte, dass es beim griechischen Vorschlag "Nachbesserungen geben muss. Vor allem Garantien für die Umsetzung". Bei den Nachbesserungen "sind wir einen Schritt weiter gekommen, bei den Garantien noch nicht." Die Eurogruppe werde ein Statement entwickeln, das "wir den Regierungschefs übermitteln können". Es werde "eine klare Empfehlung geben", wobei der Minister meinte, "es kann auch Alternativempfehlungen geben. Die Unterbrechung der Sitzung war eine richtige Entscheidung. Über Nacht konnten noch entsprechende Vorbereitungen getroffen werden. Ich glaube aber nicht, dass es bisher gelungen ist, in den verschiedenen Verhandlungen zu einer einheitlichen Positionierung zu kommen."

Auch der finnische Finanzminister Alexander Stubb zeigt sich trotz der anhaltenden Schwierigkeiten am Sonntag optimistisch für eine Einigung. Allerdings sei man bei den Bedingungen, die Athen erfüllen müsse, noch weit entfernt. "Auf einer Skala von 1 bis 10 stehen wir zwischen 3 und 4", sagte Stubb.

Fischer pessimistisch

Österreichs Bundespräsident Heinz Fischer lässt am Sonntag in der ORF-Pressestunde durchblicken, dass er gegen eine Rückkehr der Griechen zur Drachme sei. Fischer zeigt sich allerdings nicht unbedingt zuversichtlich, was einen Verbleib Griechenlands in der Eurozone angeht: "Die Chancen sind aus meiner Sicht nicht über 50 Prozent". Das, was die griechische Regierung bisher an Vorschlägen vorgebracht habe, werde man so nicht annehmen können.

Von zwei Gruppen, einer um Deutschland und einer um Frankreich, wollte Fischer nicht sprechen. Es gebe bei 28 EU-Staaten, davon zwei Drittel in der Eurozone, eben sehr viele Meinungen. Richtig sei, dass Deutschland einen Finanzminister (Wolfgang Schäuble) habe, der sehr rigoros gegenüber den griechischen Positionen sei. Er glaube aber, dass die Position der Bundeskanzlerin (Angela Merkel) "ein bisschen europäischer" sei.

Die österreichische Position schätze er so ein, dass man es begrüßen würde, wenn Griechenland in der Eurozone bleibe, so das Staatsoberhaupt auch auf ein morgendliches Gespräch mit Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) Bezug nehmend. Einen Kompromiss zu finden, sei aber aus einer Vielzahl an Gründen schwierig.(APA/Reuters, 12.7.2015)