Kann man sich dann wenigstens noch auf die begrenzte Reichweite und zu lange Ladedauer ausreden? Das wollten wir im Alltagstest wissen.

Eigentlich kann das ja alles kein Problem sein. 55 Kilometer trennen Bett und Büro, wenn die Autobahn die Distanz vorgibt. 42 Kilometer sind es, wenn die Landstraße als Maß dient. 130 bis 190 Kilometer stecken in den Akkus. Das zumindest gibt Volkswagen an. Wer Elektroautos kennt, weiß, dass jede Fahrt ein kleiner Nervenkitzel ist, wenn man die Reise allzu unvorbereitet antritt.

Und dabei geht es gar nicht darum, dass man sich irgendwann der Tatsache bewusst wird, in einem Meilenstein der Automobilgeschichte zu sitzen. Der Golf wird wohl das erste Auto sein, das es mit allen relevanten Antrieben gibt: Benzin, Diesel, Erdgas, Plug-in-Hybrid und eben auch mit Elektromotor. Damit setzt Volkswagen einen wichtigen Schritt für das Vorankommen der E-Mobilität. Weil mit dem Golf dem Kunden kein neues Auto aufgezwungen wird. Nein, man lässt ihm sein Lieblingsauto, treibt es nur anders an.

Foto: Guido Gluschitsch

Dieser Gedanke betrifft das ganze Fahrzeug. Außen wie innen ist der e-Golf einfach ein Golf. Mit all seinen Stärken und Schwächen. Ja, er hat auch Schwächen, wie die zu hohe Sitzposition, die elektrische Handbremse oder den Lautstärken knopf des Autoradios. Bei dem dreht sich nämlich die Beschriftung mit, wenn man die Lautstärke verändert. Wer Monk’sches Blut in sich hat, wird deswegen rasend.

Dabei ist es wichtig, vor allem im Sommer, einen kühlen Kopf im e-Golf zu bewahren. Weil dann braucht man keine Klimaanlage. Und wenn man die nicht einschaltet, lohnen einem das die Akkus mit mehr Reichweite. Doch wie eingangs erwähnt: Eigentlich kann das ja alles kein Problem sein, bei sagen wir 150 Kilometer Reichweite und 110 Kilometer hin und retour.

Foto: Guido Gluschitsch

Doch wenn man am Weg zurück in den Speckgürtel auf einmal im Stau steht und im Büro nur kurz Zeit zum Laden hatte – selbstredend sind die Parkplätze im Standard mit Strom versorgt –, dann kann einem schon heiß werden. Etwa weil es draußen 30 Grad Celsius hat und die Sonne runterbrennt, weil man im Glashaus sitzt und nicht in der Badehose. Auf einmal poppt nur eine Frage auf: Schweiß flecken vom Stauen oder vom Schieben. Weil in einer Stunde Stau nuckelt sich die Klimaanlage so viel Energie aus den Akkus, dass man sich ausrechnen kann, dass man die letzten Kilometer schieben muss. Vor allem: Autobahn ist ja ohnedies nicht die Stärke der E-Mobilität

Foto: Guido Gluschitsch

Je höher das gefahrene Tempo, desto rasanter nimmt das Energieniveau in den Akkus ab. 140 km/h schafft der e-Golf. Reisegeschwindigkeit ist das aber keine, außer die Reise ist extrem kurz. Wer weiter fahren will, hängt sich in den Windschatten eines Lastlers.

Foto: Guido Gluschitsch

Gegen die Landstraße spricht aber leider, dass die Reise dort noch länger dauert, selbst wenn ein bisserl Stau auf der Autobahn ist. Und jetzt einmal ehrlich: Auch wenn der Golf ein wirklich feines Auto ist – vor allem als e-Golf –, so sexy ist er dann doch nicht, dass man damit Umwege fahren will. Ohne Klimaanlage, weil man zum Energieknauserer wurde.

Energie knausern, das heißt auch ausrollen statt bremsen. Bremsen geht sowieso nicht – wenn, dann darf man ein wenig rekuperieren – also Energie zurückgewinnen.

Foto: Guido Gluschitsch

Gut eine halbe Stunde später steht der e-Golf vor der Haustür. Die Akkus sind immer noch mehr als halb voll. Restreichweite: Mehr als 110 Kilometer. Gefahrene Kilo meter: 130. Unter den Achseln blühen die Schweißflecken. Dabei wäre eigentlich alles kein Problem gewesen. (Guido Gluschitsch, Rondomobil, 17.7.2015)

Technik:

  • Preis: 35.590 €
  • Leistung: 85 kW (115 PS) •
  • Beschleunigung: 10,4 sec 0–100 km/h
  • Höchstgeschwindigkeit: 140 km/h
  • Ladedauer: 13 h (Haushaltsstrom), 8 h (Starkstrom), 30 min (80-%-Schnellladung)
  • Reichweite: 130 km
  • Stromverbrauch: 12,7 kWh/km

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Volkswagen

Hinweis im Sinne der redaktionellen Leitlinien: Die Teilnahme an internationalen Fahrzeug- und Technikpräsentationen erfolgt großteils auf Basis von Einladungen seitens der Automobilimporteure oder Hersteller. Diese stellen auch die hier zur Besprechung kommenden Testfahrzeuge zur Verfügung.

Foto: Guido Gluschitsch