Berlin/München/Wien – Wenn sich Springer und ProSiebenSat.1 zusammentun, ist das keineswegs medienkonzentrationsrechtlich bedenklich. Das hat das deutsche Bundesverwaltungsgericht in letzter Instanz entschieden. Schon am 29. Jänner 2014 – und damit nicht über die gerade erst aufgetauchten Fusionspläne von Axel Springer und ProSiebenSat.1.

Das Bundesverwaltungsgericht entschied über den ersten großen Anlauf des größten deutschen Verlags, den Münchner Fernsehkonzern zu übernehmen. 2006 ist er gescheitert. An Bedenken des Bundeskartellamts. Und jenen der deutschen Kommission zur Feststellung der Konzentration im Fernsehmarkt, kurz KEK.

Die KEK kombinierte damals 22 Prozent Zuschauermarktanteil (beim Publikum ab drei Jahren) von ProSiebenSat.1 mit 26 Prozent Auflagenmarktanteil von Springer mit Bild, mit der Welt und mit Regionalzeitungen sowie Magazinen auf einen „kumulierten Zuschauermarktanteil“ von 42 Prozent. Zuviel (nicht nur) für deutsches Medienkartellrecht.

Das Bundesverwaltungsgericht hob diesen Befund der KEK auf. Ein später Trost für Springer, und auch nur ein Teilerfolg: 2010 wurde der Entscheid des Bundeskartellamts aus 2006 gegen die Fusion Springer/ProSieben in letzter Instanz bestätigt. Dagegen sprachen für das Kartellamt die Positionen im Fernseh- und Printwerbemarkt und bei Zeitungen.

Springers neuer Anlauf Richtung München gibt dem jüngsten großen Deal des Berliner Zeitungshauses zusätzlichen Sinn. – Abgesehen von jenen rund 920 Millionen Euro, die der drittgrößte deutsche Verlag, die Funke-Gruppe, für Regionalzeitungen und Zeitschriften Springers zahlt.

Marktanteil verkauft

Neben Frauentiteln gab Springer da vor allem Fernsehmagazine wie Hörzu, TV Neu und TV Digital ab. Auch Springers Marktposition in diesem Segment irritierte 2006 die Kartellwächter. Und auch wenn Deutschlands größte Zeitung Bild weiter Springer gehört, die Marktposition wurde mit dem Funke-Deal ein Stück redimensioniert.

Die neuen Gespräche zwischen Springer und ProSiebenSat.1, von denen Bloomberg, Reuters, Handelsblatt und Wall Street Journal berichteten, sollen in einer sehr frühen Phase sein. Beide Konzerne kommentierten die Informationen über ihre Pläne nicht.

Springer stellte allerdings klar, dass Friede Springer die Kontrolle nicht abgeben werde: Der Konzern dementierte gegenteilige Spekulationen.

Die Axel Springer SE arbeite unverändert an der Umwandlung der Rechtsform des Unternehmens in eine KGaA, erklärte der Konzern weiter. Das Ziel sei, die Kontrolle von Friede Springer langfristig sicherzustellen und Wachstums optionen zu erschließen. Mit einer Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA) soll sichergestellt werden, dass auch bei Kapitalerhöhungen der Einfluss der Mehrheitseigentümerin erhalten bleibt. Friede Springer ist die Witwe des Konzerngründers Axel Cäsar Springer.

Springer wie ProSiebenSat.1 setzen besonders forsch auf digitale Geschäftsfelder – nicht unbedingt im klassischen Medienmarkt. Springer etwa setzt stark auf Marktportale wie Immowelt und Stepstone. ProSiebenSat.1 tauscht Werbezeit gegen Anteile von Onlineunternehmen, etwa auch Spielen. Der Münchner TV-Konzern half etwa wesentlich mit, Zalando groß zu machen – inzwischen sind die Anteile verkauft.

Im Medienbusiness forciert Springer, wie viele Häuser, Bewegtbild; zuletzt übernahm Springer N24, der Infosender heißt künftig wie die Springer-Zeitung Welt. (fid, 8.7.2015)