Athen/Straßburg – EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hat sich Dienstag früh im Europaparlament in Straßburg erstmals zum griechischen Nein-Referendum geäußert. "Ich bin nicht abgetaucht", so Juncker unter Bezugnahme auf Medienberichte. Aber "es muss auch einmal erlaubt sein, nachzudenken, bevor man das Wort ergreift". Dies "täte auch einigen Zwischenrufern gut".

Juncker war zu Beginn seiner Rede mehrmals unterbrochen worden. Als EU-Parlamentspräsident Martin Schulz versuchte, zu vermitteln, sagte Juncker, "ich gehe davon aus, dass die ihr Mütchen schon abgekühlt haben". Er lasse sich jedenfalls nicht den Mund verbieten. Und dies gelte auch für den Präsidenten des Europaparlaments.

"Hirnrissige Vorstellung"

Juncker sprach dabei die jüngste Kritik von EU-Abgeordneten an Aussagen von Schulz vor dem griechischen Referendum an, in denen er vor einem Nein gewarnt hatte. Der Kommissionspräsident sagte, er "fände es erstaunlich, dass sich in Sachen Griechenland und Zukunft der Eurozone jeder äußern darf, nur nicht der Kommissionspräsident oder der Präsident des EU-Parlaments". Dies sei eine "hirnrissige Vorstellung". Juncker: "Ich bin Schulz sehr dankbar, dass er sehr oft im Namen des EU-Parlaments, wenn auch nicht immer durch ein Mandat abgedeckt, das bin ich auch nicht immer, sich manchmal forsch, eindringlich oder erklärend in die Debatte eingemischt hat. Das EU-Parlament ist ja kein Papiertiger und der Präsident kein Teppichvorleger", empörte sich Juncker.

Er respektiere natürlich das Votum des griechischen Volkes. "Aber ich würde das Votum der Bürger auch gerne verstehen. Weil man dem Volk eine Frage vorgelegt hat, die sich nicht stellt". Er habe mit dem griechischen Premier Alexis Tsipras gesprochen und "der weiß sehr genau, dass das, was dem Volk zum Votum vorgelegt wurde, nicht dem Stand der Dinge entsprach. Insofern werde ich heute Abend Tsipras auffordern, mir eine Erklärung des Votums vorzulegen". (APA, 7.7.2015)