Bild nicht mehr verfügbar.

Immer häufiger würden Menschen in Innsbruck auf der Straßen landen oder in sogenannter versteckter Obdachlosigkeit leben, erzählen Vertreter Tiroler Sozialvereine. Lösungsansätze gebe es einige, bloß zeige die Politik kaum Interesse an dem Thema.

Foto: Reuters/Vera

Innsbruck – Aktuelle Annoncen in der Tiroler Tageszeitung: eine 46 Quadratmeter große Wohnung für 800 Euro, zwei Zimmer plus Wohnküche für 1.084 Euro exklusive Heizkosten – das sind gängige Preise. Die teuerste Landeshauptstadt für Mietwohnungen mit frei vereinbartem Mietzins ist Innsbruck schon lange.

Vertreter Tiroler Sozialeinrichtungen schlagen nun "Alarm", wie sie selbst sagen: Die Anzahl wohnungsloser Klienten steige massiv, Notschlafstellen seien permanent überfüllt, auf Plätze in betreuten Wohnungen warte man Monate – und die Politik wisse Bescheid, doch verkenne die "dramatische Situation". Zahlreiche Gesprächsrunden und Schreiben hätten bisher "nichts gebracht", beklagt der sozialpolitische Arbeitskreis (Spak), ein Zusammenschluss mehrerer Organisationen, in einer Aussendung.

Versteckte Obdachlosigkeit

Es gehe längst nicht mehr bloß um "akute Wohnungslosigkeit", also Menschen, die auf der Straße leben, sagt Oliver Altmayer vom Verein Dowas. Auch sogenannte versteckte Obdachlosigkeit werde immer häufiger zum Problem: "Viele kommen etwa immer wieder kurzfristig bei Bekannten unter. Uns geht es auch um jene, denen eine Delogierung droht, die in unzumutbaren Verhältnissen ohne Heizung oder sanitäre Anlagen leben, die zu sechst auf kleinstem Raum hausen oder denen kaum Geld bleibt, weil die Wohnung so teuer ist."

Betroffene Gruppen seien vor allem anerkannte Flüchtlinge, die oft mangels Sprachkenntnissen und aufgrund von Vorurteilen kaum eine Chance auf dem Wohnungsmarkt hätten, und alleinerziehende Frauen – aktuell sei aber auch immer häufiger die klassische "Mittelschicht" betroffen. In Innsbruck könnten sich viele Normalverdiener und Familien das Wohnen kaum noch leisten.

Durchschnittlich 550 Euro für Garçonnière

Die Organisationen haben mehrere Forderungen formuliert: So müsse die Mietpreisobergrenze an den ortsüblichen Marktpreis angepasst werden. Denn derzeit dürfen Mindestsicherungsbezieher beispielsweise eine Garçonnière nur dann mieten, wenn diese weniger als 495 Euro kostet.

Der Innsbrucker Durchschnittswert liege aber bei 550 Euro für eine solche Wohnung. "Wenn Menschen keine Wohnung finden und dann in der städtischen Herberge unterkommen müssen, kostet das die Stadt ein Vielfaches", sagt Andreas Deutinger von der Jugendanlaufstelle Chill Out.

"Unverzichtbares Recht"

Um das Problem langfristig zu lösen, müsse außerdem auf Bundesebene eine Leerstandsabgabe eingeführt werden – als Anreiz dafür, dass ungenutzter Wohnraum rascher vermietet wird. "Außerdem sollte der soziale Wohnbau wieder vorrangig wohnungslosen Menschen zugutekommen, nicht den Gutverdienern", sagt Michael Hennermann vom Verein für Obdachlose. "Denn Wohnen ist ein Grundbedürfnis und damit ein unverzichtbares Recht." (Katharina Mittelstaedt, 7.7.2015)