Damaskus/Ankara – Kurdische Einheiten haben die jihadistische Organisation "Islamischer Staat" (IS) wieder aus der wichtigen Grenzstadt Tel Abyad in Nordsyrien vertrieben. Bei den Kämpfen seien mindestens vier Extremisten und drei Kurden getötet worden, erklärte die in Großbritannien ansässige Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte am Mittwoch.

Die kurdischen Volksschutzeinheiten (YPG) hatten Tel Abyad vor zwei Wochen vom IS befreit und den Jihadisten eine schwere Niederlage zugefügt. Am Dienstag gelang es den Extremisten jedoch erneut, Gebiete im Osten der Stadt unter Kontrolle zu bringen. Nach Angaben der Beobachtungsstelle wurden sie dabei von sunnitischen Kämpfern aus der Stadt unterstützt.

Mit der Niederlage in Tel Abyad verlor der IS seine wichtigste Nachschubroute in die Türkei. Die Kurden wiederum kontrollieren durch die Einnahme der Stadt ein Gebiet, das sich über rund 400 Kilometer an der Grenze zum Nachbarland erstreckt.

Die Türkei befürchtet, die Kurden in Syrien könnten einen eigenen Staat ausrufen und so die Unabhängigkeitsbestrebungen der Kurden im eigenen Land anheizen. Die YPG sind eng mit der in der Türkei verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) verbunden. Türkische Medien hatten in dieser Woche über eine Intervention der Türkei in Syrien spekuliert.

Die Zeitung "Habertürk" berichtete am Mittwoch, die türkische Armee habe ihre Truppen an der Grenze verstärkt. Unter anderem seien 32 Panzer und mehrere Busse mit Soldaten in die südtürkische Provinz Kilis verlegt worden. Die Zeitung "Cumhuriyet" meldete, im weiter östlich gelegenen Karkamis habe die Armee Artillerie stationiert.

Während der Kämpfe um Tel Abyad hatten im Juni zehntausende Einwohner Zuflucht jenseits der Grenze in der Türkei gesucht, inzwischen sind aber viele von ihnen in die Stadt zurückgekehrt. Die Kurden hatten die IS-Extremisten im Jänner auch aus der monatelang umkämpften Grenzstadt Kobane (Ayn al-Arab) vertrieben. Zuletzt gelang es ihnen, die Jihadisten auch an weiteren Fronten zurückzudrängen.

Der IS hatte im Sommer vergangenen Jahres große Gebiete im Nordirak und in Syrien überrannt. In beiden Ländern werden die Jihadisten am Boden von einheimischen Einheiten und aus der Luft von einer internationalen Militärallianz unter der Führung der USA bekämpft. Die in Großbritannien ansässige Beobachtungsstelle stützt sich in Syrien auf ein Netzwerk von Informanten, ihre Angaben können kaum unabhängig überprüft werden. (APA, 1.7.2015)