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Oft geplant und oft verschleppt: Einheitliche Rechnungslegung und Einschau in die Gemeindevermögen lassen weiter auf sich warten.

Foto: APA/HELMUT FOHRINGER

Wien – Für Änderungen in der Verwaltung muss man sich Zeit nehmen. Selbst wenn Regierung und Opposition in seltener Eintracht dasselbe Anliegen verfolgen, sind die Beharrungskräfte oft stärker. Ein Beispiel dafür: die Einführung einheitlicher Vorschriften zur Rechnungslegung für alle Gebietskörperschaften. Was schon zu Zeiten des Österreich-Konvents als sinnvoll und notwendig im Sinne größerer Transparenz über die Mittelverwendung erachtet wurde, hat sich auch die rot-schwarze Koalition in ihr Regierungsprogramm geschrieben. Beschlossen werden sollten die neuen Buchhaltungsregeln schon 2014.

Fehlende Aufzeichnung

Wäre es nach Ländern und Gemeinden gegangen, hätte sich die Voranschlags- und Rechnungsabschlussverordnung (VRV) des Finanzministeriums aber nicht nur verzögert, sondern wäre gar nie gekommen. Deren zentraler Inhalt: das kameralistische Rechnungswesen auf die in der Privatwirtschaft übliche doppelte Buchführung (Doppik) umzustellen. Sie würde eine einheitliche und vergleichbare Aufstellung von Vermögenswerten ermöglichen.

Innerhalb der bestehenden Abrechnungsregeln sind Bestand und Verbrauch von Vermögenswerten hingegen nicht berücksichtigt. Deren Aufzeichnung ist laut Clemens Hödl vom Zentrum für Verwaltungsforschung eine absolute Notwendigkeit: "Eine Gemeinde kann dann zum Beispiel den Wert ihres Kanalnetzes bestimmen und jährlich einen Teil davon abschreiben. Die Abschreibung fließt in die Berechnung der Abwassergebühren ein, diese wird genauer."

Eine Frage des Aufwands

Ein wirklicher Mehraufwand, vor dem vor allem der Gemeindebund warnt, entstehe nur bei der Erstbewertung, und auch der sei überschaubar. "Kleinere Gemeinden haben oft gar nicht so eine große Anzahl an Vermögensgegenständen. Die Bewertung lässt sich durchaus auch ohne externe Beratung erledigen." Vor einer tatsächlichen Herausforderung stünden eher die Bundesländer, weil diese mitunter auch schwierig zu bewertende Vermögen besitzen, etwa Kunstgegenstände.

"Klein- und Kleinstgemeinden schützen", lautete hingegen bisher die Argumentation ebenjener Länder, etwa Mitte April bei der Konferenz der Landesfinanzreferenten in Person von Oberösterreichs Landeshauptmann Josef Pühringer (ÖVP). Die Schützenswerten selbst stehen der Umstellung mitunter gar nicht so negativ gegenüber: Willibald Klucsarits ist "Amtmann" – die burgenländische Version eines Amtsleiters – von Tschanigraben, mit 68 Einwohnern die zweitkleinste Gemeinde Österreichs. Er hätte nichts gegen die Einführung der Doppik. "Ich glaube nicht, dass sie einen großen Mehraufwand bedeuten würde", hält sich Klucsarits' Skepsis in Grenzen.

"Vollkommen ausreichende" Kameralistik

Christoph Wiedl, Amtsleiter in Weißpriach, der mit rund 320 Einwohnern kleinsten Gemeinde Salzburgs, hat hingegen sehr wohl Befürchtungen. Straßen und Kanäle müsse man zwar nur einmal bewerten – ein großes Unterfangen –, aber auch die Aufzeichnung laufender Ein- und Ausgänge würde dauerhaft zur Last fallen. "Für kleine und mittelgroße Gemeinden ist die Kameralistik vollkommen ausreichend, um einen guten Überblick über die Finanzen zu bekommen."

Gemeindebundpräsident Helmut Mödlhammer betonte während der Verhandlungen um die VRV, dass die Gemeinden keine Reformverweigerer seien. Nach seiner Ansicht sollten jene mit mehr als 10.000 Einwohnern das neue Haushaltsrecht gemeinsam mit den Ländern einführen, kleinere Kommunen ein eigenes, auf denselben Prinzipien beruhendes System entwickeln.

Andauerndes Feilschen

Ein Sprecher des Gemeindebundes bestätigt auf Anfrage, dass die seit Monaten andauernden Verhandlungen zwischen Finanzministerium und Vertretern von Ländern und Gemeinden noch immer nicht abgeschlossen sind. Knackpunkt sei nach wie vor die Vermögensbewertung.

Aus dem Finanzministerium heißt es, man stehe "kurz vor der Fertigstellung", es brauchte nur noch eine letzte Abstimmungsrunde. Eine grundsätzliche Einigung gebe es, zu klären seien noch "technische Details". Wie lange man sich noch gedulden muss, wollte man nicht verraten. (Simon Moser, 1.7.2015)