Wie Rhythmus und Bewegung zusammenhängen, lernt man auf einem interaktiven Fußboden der FH Sankt Pölten. Wer dabei gut ist, lässt Musik erklingen.

Foto: FH St. Pölten

Wien – Wenn hier eine Lampe aufleuchtet, geht manchem ein Licht auf: In Sankt Pölten arbeitet man an audiovisuellen Medieninstallationen, die Menschen weiterbilden und den Alltag erleichtern sollen. "Üblicherweise beschäftigen wir uns in diesem Fach mit den einzelnen Medientechnologien und spezialisieren uns entsprechend. Mich aber interessiert vor allem, wo man Schnittstellen herstellen kann, um die Medien miteinander so zu verbinden, dass daraus etwas Neues entsteht.", sagt Matthias Husinsky, der am Institut Creative/Media/Technologies der Fachhochschule Sankt Pölten verschiedene Projekte in diesem Bereich leitet.

Die größte Herausforderung dabei scheint auf Augenhöhe des technologischen Fortschritts zu bleiben: "In diesem Bereich der Technologie gibt es heute eine sehr rasante Entwicklung. Deshalb ist es gar nicht so einfach, ständig auf dem neusten Stand zu bleiben. Schließlich muss jede Innovation erst einmal überprüft und ausprobiert werden, um zu sehen, ob sie für unsere Zwecke überhaupt nützlich ist."

Fokus auf Gestensteuerung

In den jüngsten Projekten spielt vor allem die derzeit boomende Gestensteuerung eine Rolle. So gestalteten die Forscher etwa eine Multimediapräsentation für die Bewerbung Berlins um die Leichtathletik-EM 2018. Man konnte mit Handzeichen, begleitet von Klängen, Bildern und Videos, Rundgänge durch 360-Grad-Panoramen der deutschen Hauptstadt unternehmen. In Deutschland sind auch noch andere Entwicklungen der Fachhochschule im Einsatz: So verwandelte man bereits für ein Musikfestival in München den Olympiaberg in eine interaktive Projektionsfläche oder gestaltete das neue Kindermuseum des Festspielhauses Baden-Baden mit: Die niederösterreichischen Medientechniker fertigten mit dem Düsseldorfer Unternehmen trust your ears dafür verschiedene Installationen, mit denen Kinder an die klassische Musik herangeführt werden sollen.

Auf einem sogenannten Rhythmusradar können die Besucher vorgefertigte und selbstaufgenommene Sounds platzieren. Sobald der Radarzeiger den Sound trifft, wird er abgespielt, und die Wiederholung erzeugt einen Rhythmus. Ebenfalls von Husinsky und seinen Mitarbeitern stammt dort ein interaktiver Fußboden, auf dem man durch Musikspiele den Zusammenhang von Rhythmus und Bewegung verstehen lernt.

Wer sich auf dem Tanzparkett besonders wacker schlägt, bei dem verwandelt sich ein simpler Xylofonklang Schritt für Schritt in den Radetzky-Marsch. "Unsere Forschungsarbeit ist natürlich beliebt, weil da sehr viel blinkt und hupt", meint Husinsky. "Selbstverständlich ist das alles dann doch etwas komplexer. Aber es ist auch unser Ziel, dass in der Gestaltung weniger die Technik sichtbar wird, sondern vielmehr das Konzept. Nicht die einzelnen verknüpften Komponenten sollen im Vordergrund stehen, sondern sich vom Benutzer möglichst unbemerkt harmonisch ineinanderfügen."

Kooperation mit Healthcare

Die Verknüpfung verschiedener Bereiche, die Husinsky am Herzen liegt, wird in Sankt Pölten aber auch institutionell vollzogen. Die Medientechniker arbeiten in diversen Projekten mit dem Institut für Gesundheitswissenschaften der FH – unter anderem im Masterstudiengang Digital Healthcare – zusammen. So sollen bestehende Technologien, die derzeit noch eher in den Bereich der Computerspiele gehören, auch in der Krankenpflege, vor allem im Bereich der Rehabilitation, genutzt werden. Gerade Microsofts Gestensteuerung Kinect habe das Potenzial, Patienten eine selbstständige Reha und Pflegern eine Betreuung aus der Entfernung zu erleichtern. "Viele technologische Komponenten für unsere Zwecke gibt es schon längst. Was fehlt, ist häufig der Link, um diese Sachen zusammenzubringen."

Aktuell arbeiten die beiden Institute an einer mit dem Smartphone vernetzten Schuhsohle: Drucksensoren analysieren das Abrollverhalten der Fußsohle und analysieren diese Parameter in Echtzeit. Erkennt das Gerät Fehlstellungen beim Gang, wird der Benutzer mit akustischen Signalen auf seine verkehrte Gangart hingewiesen.

Das klingt so, als würde jemand alles vernetzen wollen, was man vernetzen kann. Huzinsky schränkt dabei freilich ein: "Gerade jetzt, da virtuelle und reale Welt immer mehr verschwimmen, kann es nicht schaden, zu fragen, wie sich das auf unser Verhalten auswirkt und was man wirklich braucht." Hin und wieder sollte man also auch die Außenperspektive einnehmen, wenn man zwischen den einzelnen Sphären wandelt. (Johannes Lau, 3.7.2015)