Verlassen hat mehrere Bedeutungen, und nicht alle fühlen sich gleich gut an. Man kann sich auf jemand verlassen, oder auf etwas. Wie eine Navigations-App, auf die man sich bisher immer verlassen konnte. Und dann steht man plötzlich ziemlich verlassen irgendwo zwischen Dubrovnik und Kotor auf einem kaum noch Straße zu nennenden Weg, beinah im Meer.

In the Navi

Das ist einer jener Momente, in denen man Nerven bewahren sollte. Nicht das Smartphone aus dem Fenster werfen (dafür muss man das Fenster öffnen, und da draußen ist es gerade sehr heiß). Nicht fluchen (das weckt den Wunderbaren womöglich, und freut die Wunderbare gewiss nicht). Nicht an den knurrenden Magen denken. Umdrehen, weiterfahren Richtung Kotor. Dort gibt's bestimmt auch ganz gute Wirte, deren Namen wir noch nicht kennen, und die kein Reise- oder Gastroportal uns nahegelegt hat.

Schöne Überraschung

Weiterfahren bis zu einer scharfen Kurve, in Morinj. Dort steht dann eh das Schild zur doch recht idyllischen, landschaftlich recht idyllisch gestalteten, wiewohl mit Bambus-Entree nicht ganz authentischen Catovica Mlini. Danke, Navi, so kann man sich über die Überraschung freuen. Und bewertet das Lokal vielleicht auch gleich ein bisserl milder.

Die unerwartet eindrucksvolle Weinkarte scheint mir auf eine Klientel hinzudeuten, die a) auf mehr als ein bisschen Kleingeld zurückgreifen kann und das b) auch ganz gern zeigt. Aber sehen Sie selbst:

Aus Flüsschen und Palmen, Promifotos und Karte lässt sich leicht ableiten: Das ist kein Geheimtipp für Günstigreisende. Keine Frage: Es geht hier vielfach günstiger und auch gut. Aber war schon ganz okay hier.

Foto: Harald Fidler

Auch hier stellt mich die Wunderbare vor die Sonderprüfung: ansprechende Suppenfotografie. Ich brachte die Prüfung schon schlechter hinter mich – und die Pilzsuppe war schon ganz okay.

Foto: Harald Fidler

Diese fotografische Sonderprüfung hab' ich mir selbst zuzuschreiben. Carpaccio vom Seeteufel, mit Austernsauce stand in der Karte, und so sah das aus.

Die Sauce schien mir ja eher von getrockneten Paradeisern dominiert, das aber muss nicht schlecht sein, und der Fisch war ohnehin sehr erfreulich. Nur: Es sieht halt nicht so wirklich schön aus.

Foto: Harald Fidler

Nicht unbedingt ein Ausweis fokussierten Küchenwesens: So sieht ein kleiner Blattsalat hier aus.

Foto: Harald Fidler

Wer Tintenfisch mit Krebsgetier füllt und grillt, der muss kein schlechter Mensch sein oder zuviel Asterix in Amerika gelesen haben: Ein vernünftiger, ein guter Hauptgang für mich. Und: Ja, ich wurde satt.

Foto: Harald Fidler

Die Wunderbare, wiewohl der Landessprache mächtig, vermochte sich hier nicht recht verständlich zu machen. Der Herr Ober wollte offenbar nicht glauben, dass man hier ein einfaches Riblji ražnjić bestellt, auch wenn die Karte so einen nicht näher bestimmten Fisch-Spieß durchaus für 20 Euro offeriert.

So ward daraus ein Ražnjić od grdobe i gambora, sprachlich natürlich leicht zu verwechseln für native speaker, für 28 Euro. Ich fand ihn sehr ordentlich, vielleicht auch, weil ich das Krustentierchen erbte.

Foto: Harald Fidler

Sweets for my Sweet: ein ortsübliches Mandeltörtchen, die Wunderbare spricht von einer Kotorska, aber da bin ich, auch wenn ich ihr praktisch nie widerspreche, ein bisschen unsicher, weiß es aber auch nicht mehr besser.

Das gute Stück schmeckte hier ein bisserl fad, aber schon okay, bedeutete sie mir, und ich kann das nur bestätigen.

Aber man sitzt schön hier, wiewohl ohne Meerblick, und essen kann man eigentlich auch ganz gut. Und trinken erst – wenn's grad nicht so heiß wär!


Catovica Mlini – mit Koordinaten auf der Webseite für den nächsten Navi-Anflug

Fünf Gänge, wie gezeigt, ein Glas Wein, Wasser, Kaffee: gut 100 Euro. (Harald Fidler, 8.7. 2015)

Foto: Harald Fidler