Wien – In die zahlreichen Würdigungen für den verstorbenen früheren ORF-Generalintendanten Gerd Bacher mischten sich am Sonntag auch kritische Töne wegen Bachers konservativer und männerbündischer Gesinnung.

Eine differenzierte Betrachtung von Bachers Wirken forderte etwa der Kommunikationswissenschafter Fritz Hausjell. "Selbstverständlich hat Gerd Bacher sehr Beachtliches für die österreichische Medienentwicklung geleistet und all die positiven Nachrufe sind deutliches Zeugnis dafür. Gerd Bacher würde – könnte er das mediale Schauspiel nach seinem Tod sehen – sich aber als Journalist wohl ein wenig ärgern. Denn Lob an ihm nahm er zwar immer gerne an, aber hätte es da nicht auch Kritik gegeben, an der er sich genüsslich reiben konnte, wäre im fad geworden", erklärte Hausjell der APA.

Der Kommunikationswissenschafter in seiner Stellungnahme: "In diesem Sinne: Bacher brachte es altersbedingt im 'Dritten Reich' nur zum NSDAP-Parteianwärter. Im Gegensatz zu den allermeisten seiner vielen Journalisten-Kollegen verschwieg er das nicht, stand dazu und meinte, er habe nach 1945 geistig erst im demokratischen Österreich ankommen müssen. Dennoch zeichnete er 1989 mit dem Salzburger Landespublizistikpreis drei Journalisten aus, die sich nur mühsam von ihrer politischen Sozialisation im Nationalsozialismus beziehungsweise im kroatischen Klerikalfaschismus lösen konnten oder wollten: Alfons Dalma, Ilse Leitenberger und Viktor Reimann. Bacher bewunderte Alfons Dalma und machte ihn später zum zentralen ORF-Chefredakteur." Laut Hausjell war Dalma mehrfach ausgezeichneter Journalist des faschistischen Ustascha-Regimes, was er nach 1945 kleinreden wollte.

Hausjell: "Bacher belegte Kritiker seiner Auszeichnungspolitik mit dem heftigen Vorwurf des 'Gesinnungsterrors' und meinte: 'Man weiß nicht, ob man angesichts der jakobinischen Borniertheit bloß verärgert, oder doch eher ob der Tatsache bekümmert sein sollte, dass solche Urheber unseren publizistischen Nachwuchs ausbilden.' Er verwehrte sich gegen Versuche, 'das Konservative in die Nachbarschaft des Faschistoiden zu rempeln'. Freilich konnte man es auch umgekehrt sehen: Dass Bacher bei Freunden das Faschistoide nicht sehen wollte und lieber als Teil der konservativen Ideologie definierte." Als weitere Kritikpunkte führte Hausjell Bachers "Neigung zu männerbündischem Verhalten und seine Abneigung gegenüber einer sich als kritische Sozialwissenschaft verstehenden Medien- und Kommunikationswissenschaft" an. "Nichtsdestotrotz: Ein Großer musste abtreten. Die Debatte über seine Leistungen für das Land möge differenziert geführt werden." (APA, 28.6.2015)