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Russlands Fußballverband hat ein Problem. Man kann sich die Weiterbeschäftigung von Teamchef Fabio Capello kaum und den angestrebten Rauswurf des Italieners wegen ausbleibender Erfolge wohl noch weniger leisten.

Foto: REUTERS/Aly Song

Scheiden tut weh, im Fall Capello vor allem finanziell. Und darum zieht sich die Scheidung der russischen "Sbornaja" vom ungeliebten Coach in die Länge. Mitte Juni, kurz nach der schmerzhaften 0:1-Heimniederlage gegen Österreich, hatte Russlands Sportminister Witali Mutko noch erklärt, eine Entscheidung sei bereits gefallen.

Weitere Gespräche

Doch wer auf einen schnellen Abgang des Italieners gesetzt hatte, sah sich getäuscht: Das Exekutivkomitee des russischen Fußballverbands (RFS) jedenfalls hat auf seiner Sitzung diese Woche entgegen allen Erwartungen die Entlassung Capellos nicht beschlossen. "Es wird weitere Gespräche über die Fortsetzung der Arbeit oder eine Trennung im gegenseitigen Einvernehmen geben", sagte der amtierende Verbandschef Nikita Simonjan.

Dabei gab es im Vorstand eigentlich nur einen, der Capello unterstützte: Milliardär Suleiman Kerimow, seines Zeichens auch Besitzer des Clubs Anschi Machatschkala, sprach sich dafür aus, den "General" bis zum Ende des Qualifiktionsturniers arbeiten zu lassen.

Die übrigen würden den autoritären Trainer, über den zuletzt mehrfach Mediengerüchte gestreut wurden, er erreiche die Spieler nicht mehr, lieber heute als morgen loswerden. Nur kann sich der RFS die Abfindung nicht leisten. Sieben Millionen Euro Jahresgehalt soll Capello bekommen, sein Vertrag läuft noch bis 2018 – wird er gefeuert, müsste Russland ihm angeblich 21,6 Millionen Euro zahlen.

Dabei hat der Verband nicht einmal das Geld, um Capello seine reguläres Salär auszuzahlen. Zweimal bereits musste der Oligarch Alischer Usmanow dem RFS mit Millionenbeträgen aushelfen. Zuletzt überwies er vor einigen Tagen fünf Millionen Euro. Das reicht, um die aktuellen Schulden gegenüber Capello zu begleichen, nicht jedoch, ihn aus dem lukrativen Vertrag herauszukaufen.

Und so wird weiterverhandelt über eine Senkung der Abfindung. Ob Capello zu einem Entgegenkommen bereit ist, bleibt unklar. Er ließ am Donnerstag bei einem Treffen mit Simonjan verlauten, er wolle weiterarbeiten.

Abgang wahrscheinlicher als Verbleib

Und so könnte kurioserweise am Ende Capello beim nächsten Qualifikationsspiel der Russen gegen Schweden am 5. September wegen Geldmangels beim RFS immer noch an der Seitenlinie stehen. Der Chef des Moskauer Fußballverbands Sergej Antochin schätzt die Wahrscheinlichkeit dieses Szenarios auf immerhin 30 Prozent. Die Siegchance der Russen scheint unter diesen Umständen weit geringer. (André Ballin aus Moskau, 26.6.2015)