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Ein Asylwerber in Traiskirchen.

Foto: APA/ROBERT JAEGER

Wien – Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) ist beim Asylgipfel mit den Ländern am Mittwochabend mit seinem Vorschlag einer Bezirksquote für die Flüchtlingsunterbringung abgeblitzt. Nach gut vierstündigen Beratungen war das einzige Ergebnis, dass man bis Ende Juli seitens der Länder 6.500 Plätze zur Verfügung stellen will.

Vage wurde den Hilfsorganisationen zudem nach dem Gipfel signalisiert, dass es gewisse finanzielle Erleichterungen bei der Betreuung unbegleiteter Minderjähriger geben könnte. Dass das Treffen nicht gerade harmonisch verlaufen war, zeigte sich schon darin, dass die Länder, angeführt von Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll (ÖVP), mit grimmigen Mienen und ohne inhaltliche Kommentare das Bundeskanzleramt verließen. Auch Faymann sprach von einer "eher gewittrigen Diskussion".

Bezirksquote gescheitert

Die vom Kanzleramt schon vor Tagen vorgeschlagene Bezirksquote ist im Wesentlichen an den VP-regierten Bundesländern gescheitert. Das gab der Regierungschef nach dem Gipfel mit den Ländern Mittwochabend bekannt. Diese seien der Meinung, dass man die Unterbringung auch anderweitig organisieren könne. Er werde das genau beobachten.

Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP) hielt sich in seinem öffentlichen Statement aus diesem Konflikt eher heraus. Auch er hätte einen gewissen Charme bei der Bezirksquote gesehen. Es seien aber eben auch Gegenargumente gebracht worden.

Inhaltlich ist das Ergebnis jedenfalls angesichts der geschürten Erwartungen dürftig. Auch die Regierungsspitze musste eingestehen, dass sich etwa für die völlig überfüllte Bundesbetreuungsstelle Traiskirchen derzeit nichts ändern werde. Die Zeltstädte werden vorläufig wohl ebenfalls stehen bleiben.

Bürgermeister von Traiskirchen: "Armutszeugnis"

Das bezeichnete der Bürgermeister von Traiskirchen, Andreas Babler (SPÖ), als "Armutszeugnis" und "komplette Bankrotterklärung der österreichischen Politik". Er forderte neuerlich ein Bundesgesetz: "Anders wird es keine Lösung geben." Es sei "fahrlässig, nicht zu handeln".

"Wir haben eine humanitäre Katastrophe in der Stadt", sagte Babler. Es werde mit der Gesundheit und dem Leben von Menschen gespielt. Nicht verstehen kann der Bürgermeister, dass Niederösterreich in der Asylfrage als "Musterschüler" dargestellt werde, obwohl es eigentlich "Quotenschlusslicht" sei. Babler will zu dem Thema noch einmal mit Bundespräsident Heinz Fischer sprechen.

Keine Reaktion kurz nach dem Gipfel

Die Länder verzichteten kurz nach dem Gipfel darauf, ihre Sicht der Dinge zu schildern. Die schwarzen Landeshauptleute zogen gemeinsam ab und trugen ihre Missstimmung offen zur Schau: "Ersparen Sie mir jeden Kommentar", meinte Salzburgs Wilfried Haslauer (ÖVP). Auch nicht inhaltsreicher der steirische Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer (ÖVP): "Ich war das erste Mal dabei und ich sage nichts." Die drei Landeshauptleute der SPÖ verließen das Kanzleramt offenbar durch einen Hinterausgang.

Am Tag danach äußerte sich Tirols Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) mit Kritik: "Ich habe mich dezidiert gegen Bezirksquoten ausgesprochen, weil sie das Problem lediglich verlagern, aber nicht zu einer Lösung beitragen", erklärte er. Platter bezeichnete die Bezirksquoten als "unausgereiften Vorschlag".

Derartige Quoten würden mehr verunsichern als helfen. Die Bundesländer seien "sehr wohl" in der Lage selbst für eine ausgewogene Verteilung der Kriegsflüchtlinge zu sorgen, meinte der Tiroler Landeshauptmann.

Pröll: Asylgipfel oberflächlich vorbereitet

Nirderösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll hat den Bundeskanzler dringend aufgefordert, mit den Nachbarregierungschefs Gespräche zu führen, sagte er am Donnerstag. Werde der Zustrom von Flüchtlingen durch bilaterale Verhandlungen nicht eingedämmt, könne eine weitere Unterbringung durch die Bundesländer nicht garantiert werden.

Am Beispiel Ungarn sei zu sehen, welche Überlegungen angestellt würden. Dazu gebe es Indizien, dass andere Nachbarländer ähnliche Gedanken hegen. Das würde laut Pröll bedeuten, dass Österreich die Hauptlast der Flüchtlingsströme nach Europa zu tragen hätte, was der Bevölkerung und der Republik nicht zumutbar wäre. Nicht zuletzt bezeichnete Pröll den Asyl-Gipfel als "vom Kanzler äußerst oberflächlich vorbereitet". Am grünen Tisch entwickelte Vorschläge seien "völlig praxisfern und -untauglich".

Gemeindebund-Präsident bedauert Eskalation

Gemeindebund-Präsident Helmut Mödlhammer bedauerte die Eskalation beim Asyl-Gipfel und forderte, dass man möglichst rasch wieder an den Verhandlungstisch komme. Dafür müsste es aber eine bessere Vorbereitung als gestern geben, wo sich alles nur um den Vorschlag des Kanzlers für eine Bezirksquote gedreht habe.

Inhaltlich sei man gestern jedenfalls nicht weitergekommen und zwar deshalb, weil Kanzler Faymann auf seiner Bezirksquote beharrt habe und die Länder sich ebenso beständig gegen diese gewehrt hätten. Andere im Vorfeld besprochene Themen wie die Not-Unterbringung über den Sommer in Studentenheimen und Horten seien nicht einmal angesprochen worden. Zur Eskalation habe letztlich geführt, dass das Kanzleramt versucht habe, in der Abend-Ausgabe der "Kronen Zeitung" das Ergebnis des Gipfels schon vorwegzunehmen.

Enttäuschte NGOs

Sichtlich enttäuscht waren die geladenen NGOs. Positiv bewerteten die Vertreter von Volkshilfe, Rotem Kreuz und Caritas bloß, dass 6.500 Plätze versprochen wurden. Die Zusagen bezüglich der unbegleiteten Minderjährigen seien dann schon nicht mehr so konkret gewesen, berichtete Caritas-Präsident Michael Landau. Ebenso wie der Generalsekretär des Roten Kreuzes, Werner Kerschbaum, und Volkshilfe-Geschäftsführer Erich Fenninger verhehlte Landau nicht, dass man sich ein besseres Ergebnis erwartet hätte.

Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) sprach nach dem Gipfel von einem "Zwischenschritt". Nächste Woche soll mit den Ländern geklärt werden, wo die 6.500 Plätze entstehen. Der Großteil der heute schon zugesicherten 2.500 Plätze kommt übrigens aus Wien und Niederösterreich, also zwei Ländern, die bei der Quotenerfüllung ohnehin Musterschüler sind. (APA, 25.6.2015)