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Der geplante Standort für das Haus der Geschichte sorgt für hitzige Diskussionen.

Foto: APA/GEORG HOCHMUTH

Wien – Vielleicht hätte der Museumsbund ICOM seine Einladung zu einer Präsentation und Diskussion der vorläufigen Pläne zum Haus der Geschichte etwas weniger offen formulieren sollen. Denn bei der Veranstaltung am Montagabend im Weltmuseum wurde deutlich, dass viele Zuhörer ein Publikumsforum einer braven Podiumsdiskussion vorgezogen hätten.

Ihrem Ärger Luft machen wollten vor allem Unterstützer der in der Neuen Burg untergebrachten Sammlung Alter Musikinstrumente. Die soll nach derzeitigen Plänen an einen anderen Ort übersiedelt werden, um Platz für das Haus der Geschichte zu schaffen. Wohin, ist bisher unklar. Die als Fragerunde angedachte Veranstaltung endete in tumultartigen Schreiduellen und Protestrufen.

Tumultartige Szenen

Diese Vorgangsweise grenze an "Totalitarismus", lautete eine harsche Wortmeldung im Publikum, die wiederum den Historiker Oliver Rathkolb, Vorsitzender des wissenschaftlichen Planungsbeirats, in Rage brachte: Kulturminister Ostermayer (SPÖ) habe nicht entschieden, der Vorschlag zur Umsiedelung sei von der Direktion des KHM-Verbands (zu dem die Sammlung gehört) gekommen.

Dass ein Teil der derzeit von der Musikinstrumenten-Sammlung genutzten Flächen vom KHM angeboten worden sei, bestätigte schließlich auch KHM-Vizedirektor Franz Pichorner. Ende der Woche werde es einen neuen Termin bei Ostermayer geben, bei der neue Vorschläge in der diffizilen und kostspieligen Causa diskutiert würden. Das aufgebrachte Publikum zeigte sich davon unbeeindruckt, einige verließen daraufhin die Veranstaltung.

Bevor man zur turbulenten Diskussion schritt, hatte Oliver Rathkolb die bisherigen Überlegungen des Beirats zum Haus der Geschichte vorgetragen. Neben dem Republikjubiläum 2018 wurde 2022 als Zeithorizont neu in die Debatte eingeführt: Dann werde nämlich "das Containerdorf" des Parlaments – das umfassend renoviert wird und deswegen auf den Heldenplatz übersiedelt – wieder abgezogen sein.

"Wir gehören nicht auf die grüne Wiese", sah Rathkolb die Neue Burg und den Heldenplatz als idealen Standort. Der Blick vom Hofburg-Balkon eröffne eine "demokratiepolitische Achse Richtung Parlament". Durch die temporäre Absiedlung des Parlaments für den Zeitraum seines Umbaus werde sich "der Eindruck dieses Platzes in den nächsten Jahren komplett verändern", die Zeit danach eröffne große Chancen für eine Neugestaltung.

Zwischenkriegszeit unstrittig

Wichtig für die künftigen inhaltlichen und räumlichen Überlegungen sei auch das Äußere Burgtor. Dessen nach oben offene Ehrenhalle sei als Raum-Ressource "durchaus auch etwas, das wir gerne diskutiert hätten", so Rathkolb. Für Herbst werde eine Parlaments-Enquete über stadtplanerische Utopien für den Heldenplatz und die "Transversale zum Museumsquartier" angestrebt. "Denn geht es nicht eigentlich um ein zweites Museumsquartier?", zitierte Rathkolb den Weltmuseum-Direktor Steven Engelsman.

Befürchtete Konkurrenz mit dem geplanten Haus der Geschichte Niederösterreichs in St. Pölten habe man laut Rathkolb ebenso ausräumen können, wie die Deutung der Zwischenkriegszeit mittlerweile unstrittig sei. Mehr Diskussion sah Rathkolb hinsichtlich des Jahres 1848. Hier, "mit der ersten Globalisierung" (Industrialisierung) wolle man auch inhaltlich beginnen und den Bogen zur "zweiten Globalisierung" (Digitalisierung) bis ins Heute spannen.

Das "Haus der Geschichte" solle als "interaktives und offenes historisches Museum konzipiert werden, das von den Lebensrealitäten der Besucher ausgeht", so Rathkolb. "Wir planen ab Herbst 2015 ein immer intensiver werdendes Veranstaltungsprogramm, um Fragestellungen und Thesen auszutesten."

Burg so teuer wie Neubau?

Für den weiteren Fahrplan brauche es demnächst eine Entscheidung des Kunsthistorischen Museums (KHM) über die Räumlichkeiten ("Ich weiß, es ist eine extrem schwierige Entscheidung. Ich kann sie auch nicht treffen."), danach solle vom Ministerium eine Grobschätzung für Budgetrahmen und Architekturkosten abgegeben werden, auf deren Grundlage eine Ausschreibung erfolgen könne, so Rathkolb.

In der Diskussion sprach sich Matthias Pfaffenbichler, der Direktor der Hofjagd- und Rüstkammer des KHM, vehement gegen die Absiedlung der Sammlung Alter Musikinstrumente aus. Museums-Expertin Renate Goebl glaubte, unter Einbeziehung aller Kosten werde das Einpassen des "Hauses der Geschichte" in die Neue Burg so teuer kommen wie die Errichtung eines kleinen, architektonisch signalhaften Neubaus auf dem Heldenplatz. (APA, stew, 23.6.2015)