Gedeckt: Schwarz und Sand sind die vorherrschenden Farben in Konstantin Filippous Zweitlokal O Boufés auf der Dominikanerbastei.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Stifado vom Rindsbackerl mit süß gefüllter Schalotte.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Wenn sonst niemand erkennen will, was die hintere Dominikanerbastei für eine coole Ecke ist, dann zeigen Manuela und Konstantin Filippou es der Stadt halt im Alleingang vor: Vergangene Woche haben sie hier das zweite Lokal eröffnet. Spätestens, wenn die alte Hauptpost im Nebenhaus zum Hip-Hotel samt Edelappartements umgebaut wird, werden die anderen wohl auch draufkommen.

Filippou hat das mit abgescherten Wänden, schwarzer Decke, ebensolchen Tischen und Eames-Sesseln gestaltete Lokal "O Boufés" genannt. Aber es ist eh kein griechisches Buffet geworden, sondern eine Bude, die mit jeder Pore den Geist des Meisters atmet: mehr als nettes, junges Personal, eine Speisekarte, die statt Gerichten Zutaten auflistet (und nach jeder einen modischen Punkt setzt), eine massive, mehr als 100 Positionen umfassende Weinkarte, die ausschließlich auf die gerade aktuellen, naturnah ausgebauten Weine setzt – viele davon erstmals in Österreich.

Tolle Kombinationen

Das Essen kommt auf Emaille-Geschirr, zum Teil wird da sehr geiles Zeug draufgepackt. Luftgetrockneter Rinderschinken von Kultfleischer Imanol Jacas ("Txogitxu") aus dem Baskenland etwa, zart, edel, von einer Dichte und Aromatik, die den Gaumen mit Euphorie erfüllt. Oder eine Art Hummus von der Saubohne mit gebratenen, wunderbar milden Speckwürfeln, zum Auflecken gut. Knusprig und innen noch zartrosa gebackenes Bries wird mit einer Art Sauce tartare mit explosiv fruchtigen Oliven und hauchdünn gehobeltem, scharfem Rettich aufgetragen – tolle Kombination.

Ein paar Zitate der griechischen Küche gibt es auch, Garnelen Saganaki etwa, knackige und vor Saft strotzende Krustentiere in einem herrlichen Gatsch aus Tomaten und Paprika, dem durch ein paar Fetawürfel sehr eigentümlich köstliche Akzente verpasst werden. Das Tollste aber sind die rohen Sardinenfilets in kühlem Karfiolpüree, mit Bröseln, Splittern vom rohen Karfiol und Zitruszesten: der heikle Blaufisch von jungfräulicher Frische und Jodigkeit, die Kombination mit dem erdschweren Karfiol wunderbar, der Knusper der Brösel ebenso anheimelnd wie animierend – ein beglückendes Gericht.

Wucht und Wetter

Leider ist nicht alles eitel Wonne. Je mehr Gerichte auf dem Tisch landen, umso mehr kommt man ins Grübeln. Es gibt Rote Rüben mit gratiniertem Ziegenkäse oder eine Scheibe Zeller mit Joghurt und Dillöl – zwei Teller, die einen geradewegs zurück in den dunklen Schlund des Winters reißen wollen. Auch sonst scheinen der Sommer und seine berstende Vielfalt an Gemüse geradezu programmatisch ignoriert zu werden. Okay, es gibt Schnitten vom Schweinebauch mit Erbsen, die aber deutlich auf der mehligen Seite sind. Ochsenmark auf Toast wird mit Scheibchen vom Granny Smith und einem dicken Löffel Röstzwiebeln garniert, willkommen im November. Hendlherzen und -leber kommen in dick reduzierter Sauce mit Zwiebeln: Der erste Bissen schmeckt wunderbar, danach aber hat einem die Sauce den Mund verklebt, schade.

Auch bei den anderen Saucengerichten – gefüllte Wachtel mit Foie gras und Linsen, Stifado vom Rindsbackerl mit süß gefüllter Schalotte oder Oktopus mit Teigwaren-Risotto – wird man von der Dichte der Saucen auf eine Art niedergeprackt, dass auch der Raki hinterher nicht mehr wirklich aufräumen kann. So zieht man schlussendlich mehr beschwert denn beschwingt von dannen, mit dem Vorsatz, sich nächstes Mal auf die Vorspeisen zu fokussieren – idealerweise im Herbst, wenn das Wetter sich der Wucht von Filippous Küche gefügt hat. (Severin Corti, RONDO, 26.6.2015)