Wissenschafter im Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) haben einen Wirkstoff entwickelt, an den zur Diagnose oder zur Therapie von Prostatakarzinomen geeignete strahlende Substanzen angekoppelt werden können. Das Verfahren ist relativ spezifisch für die Verwendung bei Prostatakrebs, teilte das DKFZ (Heidelberg) in einer Aussendung mit.

Zielgerichtete Therapie

Die Entwicklung beruht auf PSMA, dem Prostata-spezifische Membran Antigen. Dieses ist auf der Oberfläche gesunder Prostatazellen vorhanden, sehr viel mehr aber auf Prostatakrebs-Zellen. Im übrigen Körper kommt das Protein kaum vor. "PSMA ist deshalb ein ideales Zielmolekül für die Diagnostik und zugleich auch für zielgerichtete Therapien von Prostatakrebs", sagte der DKFZ-Biotechnologe Matthias Eder.

Seiner Arbeitsgruppe ist es gelungen, ein kleines Molekül (PSMA-617) zu entwickeln, das spezifisch an PSMA andocken kann und sich mit verschiedenen radioaktiven Substanzen, sogenannten Radionukliden, markieren lässt. Gebunden an das schwach strahlende diagnostische Radionuklid Gallium-68 kann PSMA-617 bei PET-Untersuchungen (Positronen-Emmissions-Tomografie) selbst kleinste Ansammlungen von Prostatakrebszellen sichtbar machen.

"Damit können Ärzte kleine Krebsabsiedlungen in anderen Organen aufspüren oder sehr genau verfolgen, ob eine Therapie anschlägt. Bisher klinisch eingesetzte Diagnostika haben längst nicht diese Empfindlichkeit", betonte Eder.

Alternativ dazu binden die Forscher auch das therapeutische Radionuklid Lutetium-177 an PSMA-617. Dieses Radiopharmakon wird von Tumorzellen, die das Zielmolekül PSMA tragen, aufgenommen und zerstört sie von innen. Besonders für Patienten mit hormonresistenten Prostatakarzinomen, die schwierig zu behandeln sind, könnte es eine vielversprechende Behandlungsalternative sein.

Hohe Erfolgsrate

Im Universitätsklinikum Heidelberg hat das Team um den Nuklearmediziner Uwe Haberkorn im Rahmen individueller Heilversuche bereits Patienten mit fortgeschrittenem Prostatakrebs mit radioaktiv markiertem PSMA-617 behandelt. Die Ärzte setzten die therapeutischen Nuklide Lutetium-177 und Actinium-225 ein. Nach Therapie mit dem Lutetium-markierten Radiopharmakon sank bei etwa 70 Prozent der Patienten der Prostatakrebsmarker PSA stark ab, nach Behandlung mit dem Actinium-markierten Radiopharmakon sogar bei allen Patienten.

PET/CT-Aufnahmen bestätigten darüber hinaus, dass die Metastasen kleiner wurden oder gar nicht mehr nachweisbar waren. "Die Ergebnisse waren so vielversprechend, dass wir so bald wie möglich in einer klinischen Studie prüfen wollen, ob das PSMA-617 anderen Therapieverfahren überlegen ist", sagte Haberkorn. Eder, Haberkorn und deren Mitarbeiter wurden jetzt in Baltimore in den USA bei der Konferenz der Internationalen Gesellschaft für Nuklearmedizin und molekulare Bildgebung für ihre Entwicklung unter anderem mit dem "Image of the Year"-Preis ausgezeichnet. (APA, 23.6.2015)