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Große Übersicht bei Mahler: Mariss Jansons.

Foto: REUTERS/Lisi Niesner

Wien – Er fühlte sich als "Instrument, auf dem das Universum spielt", und wollte mit dieser Symphonie ein Werk schaffen, "in welchem sich die ganze Welt spiegelt": Doch Gustav Mahler hatte mit seiner Dritten einiges vor. Eine Tour durch seine klingende Weltausstellung dauert gut 100 Minuten, der Hörer tingelt an Flora, Fauna und Mensch vorbei und fährt auf in die himmlischen Gefilde der Engel und der Liebe. Dieser Aufstieg ist für Musiktouristen mitunter eine fordernde Unternehmung. Natürlich ist Mahler ein Experte im Einsatz theatralischer Mittel: Auf düstre Dämonie folgt himmlisches Schwirren; die Strenge der Märsche wird mit Forstfröhlichkeit und Ländlerlust aufgelockert. Etwaige Aufmerksamkeitsdurchhänger kurz nach Werkmitte begegnet der Motivationsprofi Mahler, indem er eine Solistin Nietzsche singen lässt und zwei Chöre ein lustiges Lied.

Wachen Sinnes kann danach das Liebesglück im Elysium genossen werden. Wachen Sinnes: So musizierten auch die Philharmoniker im samstägigen Abokonzert im Musikverein; so frisch, als würden sie direkt aus dem Urlaub kommen und nicht von einer Skandinavien-Tournee, wie sie Teile der Vereinsmitglieder mit Franz Welser-Möst absolviert haben. Einsatz und Elan werden zum Teil wohl dem Tourguide geschuldet gewesen sein: Mariss Jansons führte mit absoluter Souveränität, hielt Dinge im Fluss und bot Delikatheit und virile Wucht. Mit Schmackes wurde der ausufernde Kopfsatz begonnen: kraftvoll, böse, wüst. Energisch und "wild", wie von Mahler gefordert, fegten Celli und Kontrabässe eingangs durch das zerklüftete Terrain. Traumhaft weich der Menuettbeginn, zartestes Barock, welches Mahler in Richtung Hollywood-Herzschmerz erweitert.

Eindringlich schlicht sang Bernarda Fink davon, dass alle Lust Ewigkeit wolle. Daraufhin lobpriesen die Damen des Singvereins und die Sängerknaben die himmlische Freud frisch und klar. Das eine oder andere Tränchen wurde im Publikum dann zu Beginn des Finalsatzes vergossen, so schlicht und wärmend, wie die Streicher da das D-Dur-Thema strömen ließen. Festzelteuphorie am Ende, heftigster Jubel für Mahlers Weltenlenker Jansons. (Stefan Ender, 22.6.2015)