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Vizekronprinz Mohammed bin Salman bei Präsident Wladimir Putin in Moskau. Die Beziehungen zu Russland sollen besser werden.

Foto: Reuters / GRIGORY DUKOR

Riad/Wien – 60.000 geheime – zum Teil als "top secret" eingestufte – Dokumente des saudi-arabischen Außenministeriums wurden am Freitag veröffentlicht, und weitere warten in der Wikileaks-Pipeline: Riad gibt zu, Opfer eines Cyberangriffs geworden zu sein, die Bürger des Königreichs – und damit auch die Medien – werden aufgefordert, den "Feind" nicht zu unterstützen, indem sie den Inhalt der Papiere, viele davon diplomatische Depeschen, verbreiten.

Anderswo beginnt das Durchsortieren, auf der Suche nach Sensationen, die es laut Agenturen jedoch nicht gibt: wie etwa den Beweis dafür, dass Saudi-Arabien radikale islamistische Gruppen unterstützt. Bruce Riedel von der Brookings Institution in Washington macht jedoch in der New York Times darauf aufmerksam, dass solche Agenden nicht vom Außenministerium, sondern von den Sicherheitsdiensten wahrgenommen würden.

Meist geht es ums Geld

Auch wenn man die Vorgangsweise von Wikileaks nicht gutheißt, so sind die Dokumente eine Fundgrube von Details zumindest bezüglich dessen, was an ein saudi-arabisches Außenministerium herangetragen wird (nicht immer ist der weitere Verlauf der Geschichte bekannt). Sehr oft geht es um Geld.

Unangenehm dürfte etwa für den libanesischen Führer der rechtsgerichteten christlichen Forces Libanaises, Samir Geagea, sein, dass nun nicht nur bekannt ist, dass er Riad um eine Parteispende angegangen ist, sondern dass er beteuerte, alles zu tun, was Riad von ihm wolle. Geagea wird als möglicher libanesischer Präsident genannt. Im Libanon dürfte das saudische Scheckbuch besonders oft zum Einsatz kommen.

Scheckbuchdiplomatie

In Ägypten hingegen hätten sich die Saudis schon unter den Muslimbrüdern gerne großzügig gezeigt: Was einer der heute im Gefängnis sitzenden Führer der Bruderschaft, Khairat al-Shater, bereits 2012 behauptete – dass Saudi-Arabien zehn Milliarden Dollar für die Freilassung des 2011 gestürzten Hosni Mubarak offerierte –, wird zwar nicht direkt verifiziert, aber man weiß nun, dass es zumindest ein Thema war. Riad hat im Juli 2013 den Sturz Mohammed Morsis unterstützt.

Bestätigt wird die enge Beziehung des irakischen Politikers Iyad Allawi zu Saudi-Arabien. Allawi war lange die Hoffnung aller antiiranischen Kräfte im und außerhalb des Irak. Er durfte, wie man nun weiß, nach Gutdünken an seine Klientel Visa für die Pilgerfahrt nach Saudi-Arabien verteilen. Viele der Depeschen haben mit der Bekämpfung des iranischen Einflusses beziehungsweise der saudischen Furcht davor zu tun. Beim Thema Iran wurde auch Druck auf Medien ausgeübt.

Beziehungsarbeit mit Moskau

2012 bekamen sie die Anweisung, sich in der Berichterstattung über Russland – im Syrien-Konflikt auf der Seite des in Riad verhassten Bashar al-Assad – zurückzuhalten. Die politische Dividende blieb damals aus, heute arbeitet Riad neuerdings an der Verbesserung seiner Beziehungen zu Moskau.

Die Medien des Königreichs waren am Wochenende voll von Berichten über den Besuch des saudischen Vizekronprinzen und Verteidigungsministers Mohammed bin Salman in Russland. Saudileaks hingegen war kein Thema. (Gudrun Harrer, 21.6.2015)