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Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) verwies am Freitag in St. Pölten auf den sprunghaften Anstieg der Asylantragszahlen.

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St. Pölten/Wien – Freitagmittag. Ende der Woche sechs in der österreichischen Asylwerber-Unterbringungskrise, die akut wurde, als Anfang Mai die Asylantragszahlen sprunghaft angestiegen waren. Innenministerin Johanna Mikl-Leitners (ÖVP) letztes Ultimatum an die Länder, um die Flüchtlingsaufnahmequoten zu erfüllen, ist verstrichen. In St. Pölten tagen die Landesflüchtlingsreferenten – und das Erstaufnahmezentrum Traiskirchen platzt weiter aus allen Nähten.

Zwar standen am Freitag für 250 Personen Betten in der Wiener Neustädter Veranstaltungshalle Arena Nova bereit, die dem Bund kurzfristig als Quartier dient. Zudem konnten Donnerstag und Freitag 485 Menschen in Länderunterkünfte übersiedeln, sodass übers Wochenende im Lager Traiskirchen wohl kein Flüchtling mehr unter Bäumen nächtigen muss.

Vergleich mit Ungarnkrise

Doch nach wie vor ist jedes Bett, ist jede Zeltpritsche im Lager belegt. Und alle anderen Bundesquartiere sind ebenso randvoll. Auch kommen täglich neue Asylwerber hinzu, die meisten nach zum Teil monatelangen Strapazen am Ende ihrer Kraft.

"Der Donnerstag war mit 200 Neuanträgen eher schwach", sagt ein Innenministeriumssprecher. Es würden aber bald wieder Tage mit mehr Anträgen kommen. "Wir haben es mit Flüchtlingsströmen zu tun wie seit der Ungarnkrise nicht mehr", bestätigt Mikl-Leitner nach der Flüchtlingsreferenten-Tagung vor der Presse. Bei diesem Treffen in St. Pölten bieten die Landesflüchtlingsreferenten mehrere neue Quartiere an. Salzburg und Tirol würden die Unterbringungsquote bis Ende nächster Woche zu hundert Prozent erfüllen, berichtet die Ministerin. In Niederösterreich werde man bis Mitte Juli 350 Plätze, bis Ende September dann noch weitere 1000 Plätze schaffen, verspricht der zuständige Landesrat Maurice Androsch (SPÖ).

110 Betten in Bleiburg

Auf die Schnelle gar, also schon binnen weniger Tage, sollen in der Kärntner Region Bleiburg 110 Betten für Schutzsuchende zur Verfügung gestellt werden und bis Ende Juli weitere 330 – verspricht der Kärntner Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ).

Wo genau sich die Unterkünfte befinden, verschweigt er: Man wolle das den Bürgermeistern nicht per Medien ausrichten. Ohne das neue Bettenangebot Kärntens wäre es wohl unvermeidbar gewesen, die Bleiburger Kaserne zur Flüchtlingsunterkunft umzuwandeln. Die prinzipielle Entscheidung, ob der Bund weitere Quartiere in Kasernen eröffnet, wird erneut vertagt.

Da kommt die große Geste des Wiener Neustädter Bürgermeisters Klaus Schneeberger, der zugleich VP-Klubchef im Landtag ist, gerade recht. Für bis zu 400 Betten wäre in der Arena Nova Platz, hat Schneeberger am Donnerstag verkündet. Die Stadt-FPÖ, die Schneeberger vor drei Monaten ins Bürgermeisteramt verholfen hatte, schäumte. Nun ziehen bloß 250 Asylwerber in das bis Ende August zur Verfügung stehende Übergangsquartier. Aus "humanitären Gründen", versicherte Schneeberger dem STANDARD. Den blauen Gegenwind wollte er nicht kommentieren.

Fünf-Punkte-Plan Faymanns

Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) präsentierte indes via Krone und ZiB einen Fünf-Punkte-Plan, den er vorerst am Montag bei einem Treffen mit Flüchtlings-NGOs besprechen will. So soll die Asylwerberverteilung künftig auf Bezirksebene organisiert werden, für die Aufteilung ist ein Schlüssel nach Bevölkerungszahl vorgesehen.

Als kurzfristige Entlastung stellt sich Faymann vor allem in den Sommermonaten die Unterbringung in Schulen und Schülerheimen vor. Auch schlägt Der Kanzler die Schaffung einer privaten Wohnungsbörse vor, um Flüchtlinge unterzubringen. Eine solche gab es während der Jugoslawienkriege – mit viel Zuspruch. Die Börse setze eine neue Beratungs-Infrastruktur voraus, konzedierte ein Kanzlersprecher. (Irene Brickner, Gudrun Springer, 19.6.2015)