Wien – Kommenden Dienstag stehen die Novellen zum ORF- und zu Privatfunkgesetzen als Punkt sechs auf der Tagesordnung des Verfassungsausschusses, noch vor dem Sommer soll der Nationalrat die Änderungen beschließen. Der ORF hat längst zum großen Lobbying-Finale auf den letzten Metern angesetzt. Es geht nach STANDARD-Infos um gezielte Online-Werbung und, wie vielfach berichtet, um eigenständige Apps.

Die Kuriere des Küniglbergs

Emissäre des Küniglbergs haben sich in den vergangenen Tagen noch einmal mit der Wunschliste des ORF aufgemacht zu den Parlamentsklubs, um die bisher eher überschaubare Novelle zum ORF-Gesetz deutlich zu erweitern. Der Entwurf erleichtert dem ORF bisher nur Sponsor-Einblendungen in internationalen Sportübertragungen, auf die er keinen Einfluss hat und von denen er weder direkt noch indirekt profitiert.

Wunschliste: Targeting

Die Wunschliste des ORF gilt nun nach vorerst unbestätigten STANDARD-Infos aus mehreren Quellen vor allem Targeting von Onlinewerbung, die dem ORF bisher verwehrt ist. Mit Targeting will der ORF offenbar jedenfalls seine bestehenden Werbelimits weit besser ausschöpfen.

23,5 Millionen möglich, 13,4 erzielt

Bisher ist die Onlinewerbung mit vier Prozent der ORF-Gebühreneinnahmen limitiert, ab 2016 mit fünf Prozent. Bei zuletzt rund 590 Millionen Euro aus Gebühren könnte er 23,5 Millionen mit Onlinewerbung einnehmen. Nach jüngsten ORF-Angaben schaffte er 2014 13,4 Millionen Euro (ORF-Jahresbericht, auch im Verfassungsausschuss: 12,5 Millionen) nach 2013 11,4 Millionen Euro.

Mit den fünf Prozent ab kommendem Jahr dürfte der ORF 29,5 Millionen Euro mit Onlinewerbung einnehmen. Bei steigenden Gebühren – der ORF muss 2016 spätestens beantragen, sie neu festzusetzen – entsprechend mehr.

Nutzerdaten für Werbung

Bisher aber ist Onlinewerbung dem ORF nur bundesweit erlaubt. Im Gesetz heißt es zudem für Onlinewerbung zum Beispiel: "Unzulässig sind Formen, bei denen eine leistungsbezogene Abrechnung dergestalt erfolgt, dass Marketinginstrumente mit dem Ziel eingesetzt werden, eine messbare Reaktion oder Transaktion mit dem Nutzer zu erreichen (Performance Marketing), sowie jene Formen, bei denen auf Basis der Speicherung von Nutzerverhaltensdaten eine Individualisierung erfolgt."

Wunschliste: Apps ohne Abbild

Offener als die Targeting-Pläne äußerte der ORF schon bisher seine Wünsche für Apps: Bisher verlangt das Gesetz, dass solche Anwendungen insbesondere für Mobilgeräte stets eine Entsprechung als Webseite haben müssen. Der ORF wünscht sich Möglichkeiten für eigenständige Apps.

Das würde womöglich den Weg vereinfachen für einen lange schon gewälzten Programmguide des ORF, der auch Social-Media-Empfehlungsfunktionen bekommen soll. Eine andere lang gewälzte App: "Mein ORF" mit Programmangeboten aller ORF-Kanäle.

Gleiche Gebühren für alle

Mit der Novelle für ORF-, Privatradio- und Privatfernsehgesetze stehen auf der Tagesordnung des Verfassungsausschusses einige Anträge und Berichte.

Zum Beispiel ein Neos-Antrag von Niko Alm von Ende April, der die Länderabgaben auf die Rundfunkgebühren vereinheitlichen will: "Die Bundesregierung wird aufgefordert, die Landesabgaben innerhalb der Rundfunkgebühr auszuschließen und die Rundfunkgebühr über alle Länder hinweg auf ein einheitliches Niveau zu senken." Zu bedenken gilt hier: Oberösterreich und Vorarlberg heben schon jetzt keine Landesabgaben auf die Rundfunkgebühren ein.

Die Grünen wollen einen Halbsatz im ORF-Gesetz streichen, der Landeshauptleuten ein Recht auf Stellungnahme zu ORF-Landesdirektoren-Kandidaten einräumt – der Antrag stammt aus dem März 2015.

Lex Lounge

Niko Alm (Neos) und Dieter Brosz (Grüne) beantragten – wohl für Fälle wie jenen von Lounge FM in Salzburg – eine Änderung des Privatradiogesetzes: Sender sollen binnen zwei statt einem Jahr nach Lizenzerteilung on air gehen müssen. Diese Regelung soll auch für Fälle gelten, die gerade bei KommAustria oder Bundesverwaltungsgericht anhängig sind.

Medientransparenz im Inserat selbst

Ein weiterer Neos-Antrag verlangt (laut Begründung): In Inseraten öffentlicher Stellen selbst solle der Auftraggeber des Inserats und die dafür bezahlten Schaltkosten veröffentlicht werden. (fid, 19.6.2015)