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Ein Bursch steht im Xingu-Fluss, der für den Belo-Monte-Damm aufgestaut werden soll.

Foto: AP Photo/Andre Penner

Brasilia – Bereits seit Jahren wird um das Großprojekt des Belo-Monte-Staudamms in Brasiliens Amazonasregion gestritten. Bereits 2005 vom brasilianischen Kongress genehmigt, begannen die Bauarbeiten im Norden des Landes erst 2011 – heuer soll die erste Turbine des künftig weltweit drittgrößten Staudamms in Betrieb gehen.

Doch noch ist es nicht so weit: Brasiliens Staatsanwaltschaft legte am Dienstag einen vorläufigen Bericht vor, wonach das Norte-Energy-Konsortium, das für den Bau verantwortlich ist, mehrfach Übereinkommen im Zusammenhang mit der Umsiedlung der Bewohner im Baugebiet gebrochen habe. Die Staatsanwälte fordern die zuständigen Behörden auf, die Umsiedlung von zumindest 2000 Familien im Gebiet des Amazonas zu stoppen. Viele der betroffenen Menschen sind Angehörige von indigenen Gruppen.

Vertragsbruch

In dem Bericht wird "empfohlen, dass dringend interveniert werden muss, um die Zerstörung und Verletzung der Rechte der zwangsdelogierten Bevölkerung aufzuhalten". In einem Vertrag hatte sich das Konsortium hinter Belo Monte dazu verpflichtet, dass die Bauern und Fischer in der Umgebung des Damms umgesiedelt werden – in Gebiete, wo sie auch künftig die Möglichkeit haben zu überleben. Diesen Vertrag soll das Konsortium 55-mal gebrochen haben, geht es nach dem Bericht der Staatsanwälte.

Dabei wird unter anderem ein sogenanntes "Zerstörungsboot" hervorgehoben, das den Xingu-Fluss entlangfahre und Familien aus jenen Gebieten vertreibe, die für den Damm geflutet werden sollen. Weder die regionale Regierung noch das Konsortium selbst haben bis jetzt auf den vorläufigen Bericht reagiert.

Menschen in den Regenwald

Dabei ist die Kontroverse um die das Projekt, das 23 Millionen Haushalten in Brasilien Strom bringen soll, nicht nur das Problem der Leute, die vertrieben werden. Vielmehr sind es die zehntausenden Menschen, die zur Baustelle gebracht werden – in einen der artenreichsten Regenwälder weltweit.

Seit Beginn der Bauarbeiten ist laut Informationen des Guardian die Bevölkerung der nächstgelegenen Stadt Altamira von 100.000 auf mehr als 150.000 Menschen gestiegen. Diese brauchen Häuser, Wasser, Elektrizität, Öl und Straßen – Dinge, die das heikle Ökosystem unter Druck setzen und dadurch unter anderem den Bestand von gefährdeten Tierarten stark gefährden.

Abholzung

Für das 10,5 Milliarden Euro teure Dammprojekt muss der Xingu-Fluss zudem auf einer Fläche von 502 Quadratkilometern aufgestaut werden. Und große Teile des Regenwaldes wurden abgeholzt. Das trägt laut Expertenmeinung unter anderem dazu bei, dass nun der Süden Brasiliens von einer historischen Dürre heimgesucht wird.

Da die Wurzeln der verbleibenden Bäume nicht mehr genug Wasser ziehen können, das verdunstet, kann sich keine Wolkendecke bilden, die in den Süden zieht und es dort regnen lässt, sagte der Biologe Philip Fearnside vom Nationalen Amazonas-Forschungsinstitut Inpa im März zum STANDARD. Diese "fliegenden Flüsse" würden bereits seit drei Jahren ausbleiben. (bbl, 17.6.2015)