Die Gründung einer eigenen Fraktion stramm rechter Abgeordneter ist von den übrigen Fraktionen im EU-Parlament hart kritisiert worden. "Extremisten und Menschenverachter" seien das, schimpfte Othmar Karas, ein Christdemokrat. Liberale und Sozialisten sehen "nationalistische Fanatiker" am Werk. Über Leute "aus tiefster rassistischer Schublade" klagen die Grünen. Religionsvertreter in Brüssel sind besorgt, dass die neue Gruppe rund um die Chefin des französischen Front National, Marine Le Pen, vor allem "Angst und Hass" schüre.

An all diesen Vorwürfen ist was dran. Es gibt fast keine Teilpartei in diesem Bündnis, die von solchen Zuschreibungen frei wäre – auch die FPÖ nicht. Sie haben es sich "hart" erarbeitet – mit populistischen Wahlkämpfen gegen "die Ausländer", gegen "den Islam", gegen "die Globalisierung", gegen "den Superstaat in Brüssel".

Da und dort kriecht aus den Kellern dieser Nationalparteien immer wieder der Antisemitismus. Eines vor allem eint sie: Sie sind gegen "diese EU". Le Pen hat klipp und klar gesagt, was sie will: die EU zerstören. Und sie will den Euro kaputtmachen. Die Fraktion, die sie schuf, ist ihr dabei ein willkommenes, williges Werkzeug. Zurück zum alten Nationalstaat. So unappetitlich das sein mag, es hat auch sein Gutes, wenn diese wachsenden, extrem rechten Strömungen nun als Fraktion ein Gesicht haben. Jeder kann sehen und hören, was sie wollen. Und was dagegen tun. (Thomas Mayer, 16.6.2015)