Was den Umgang mit Asylwerbern angeht, verstrickt sich Innenministerin Johanna Mikl-Leitner zunehmend in einem Gestrüpp fragwürdiger Verordnungen und Behauptungen. Was sie zuletzt sagte und tat, zeugt von Effekthascherei und Undurchdachtheit. Möglich, dass sie das jetzt ins Stolpern bringt. Die Koordinierung der Quartieragenden durch die Regierungsspitze könnte darauf hinweisen.

Denn wie anders als auf reine Wirkung bedacht kann ihre Ankündigung interpretiert werden, alle Asylverfahren zu stoppen - abgesehen von Rückschiebungen innerhalb und Abschiebungen aus der EU? Also alle neuen Verfahren auf Eis zu legen, für unbestimmte Zeit - wenn sich bei Nachfrage herausstellt, dass die "Weisung" nichts als eine knappe interne Anordnung ist? Asylfälle, in denen ein anderer EU-Staat zuständig sein könnte, sind prioritär zu behandeln, lautet diese. Solch verbale Kraftmeierei ist zynisch.

Und was ist von einer Verordnung zu halten, mit der eine Gesetzesnovelle um knapp zwei Monate vorvollzogen wird? Durch die Flüchtlinge, die vor ihrer EU-internen Dublin-Rückschiebung stehen, ab sofort wieder in Schubhaft gesetzt werden sollen - wenn diese Verordnung nach nur zwei Wochen in einer Reihe von Fällen als gesetzeswidrig gekippt wird? Konnte die Ministerin das im Voraus nicht erkennen? Oder war es ihr egal? Derlei Fragen stellen sich immer dringlicher. (Irene Brickner, 16.6.2015)