Bei der Eröffnung einer Militärmesse kündigte Putin die Aufstockung des Atomwaffenarsenals an.

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US-Panzer im deutschen Saalfeld

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Berlin - Russland will sein Atomwaffenarsenal ausbauen und bis zum Jahresende mehr als 40 neue Interkontinentalraketen für die Atomstreitkräfte des Landes anschaffen. Diese Raketen seien fähig, "alle, selbst die technisch am weitesten entwickelten Luftabwehrsysteme zu durchbrechen", sagte Präsident Wladimir Putin am Dienstag nach Angaben der Nachrichtenagentur RIA Nowosti.

Putin sprach bei der Eröffnung einer Militärmesse in der Nähe der Hauptstadt Moskau von einer "Perfektionierung" der Fähigkeiten der Luftwaffe und der Marine. Dabei verwies er auch darauf, dass noch in diesem Jahr ein neues Unterseeboot mit Atomsprengköpfen in Dienst gestellt werden solle. Es gehe um die "Stärkung der Sicherheit Russlands und seiner Wirtschaft", sagte Putin.

Putin: Recht auf Selbstverteidigung

Bei einem Treffen mit seinem finnischen Kollegen Sauli Niinistö bekräftigte Putin später das Recht seines Landes auf Selbstverteidigung. Wenn russische Gebiete bedroht würden, müsse Russland seine Truppen dorthin verlegen, sagte Putin. Wenn eine solche Gefahr von einem Nachbarstaat ausgehe, müsse Russland "angemessen reagieren" und die Gefahr "neutralisieren".

Der russische Präsident warf außerdem der NATO vor, sich russischen Grenzen zu nähern. Es sei nicht Russland, "das sich irgendwohin bewegt". Allerdings gebe es nach seiner Auffassung derzeit keinen Grund zu "größerer Sorge". Es handle sich um politische Signale gegen Russland.

Stoltenberg: "Bestätigung" von bisherigem Verhalten

Die NATO verurteilte Russlands Pläne als "nukleares Säbelrasseln". Sie seien "ungerechtfertigt" und wirkten zudem "destabilisierend und gefährlich", sagte NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg in Brüssel. Die Erklärung aus Moskau sei gleichwohl die "Bestätigung" eines Verhaltens, das seit längerem beobachtet werde.

Am Samstag hatte die US-Tageszeitung "New York Times" berichtet, das Pentagon plane, schwere Waffen für bis zu 5.000 US-Soldaten in Bulgarien, Estland, Lettland, Litauen, Polen, Rumänien und möglicherweise in Ungarn zu stationieren. Hintergrund ist demnach die Ukraine-Krise. Laut "New York Times" handelt es sich bisher jedoch lediglich um einen Vorschlag, dem das Weiße Haus und Verteidigungsminister Ashton Carter noch zustimmen müssten.

Kritik von Grünen aus Deutschland

Die Grünen in Deutschland haben die USA davor gewarnt, mit einer Entsendung schwerer Waffen und Tausender Soldaten nach Osteuropa den Konflikt mit Russland zu verschärfen. "Eine Stationierung von Panzern in Osteuropa droht die NATO-Russland-Grundakte auszuhebeln", sagte der frühere Fraktionsvorsitzende Jürgen Trittin der "Rheinischen Post". Trittin forderte die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) auf, solche Pläne im NATO-Rat abzulehnen.

US-Außenminister John Kerry hat angesichts des von Russland angekündigten Ausbaus seines Atomwaffenarsenals vor einem Rückfall in den Kalten Krieg gewarnt. "Ich denke, niemand will eine Rückkehr zu einem Zustand wie im Kalten Krieg", sagte Kerry am Dienstag bei einer Pressekonferenz in Washington, zu der einen Beinbruch auskurierende Minister aus seinem Zuhause in Boston zugeschaltet wurde.

START-Abrüstungsvertrag infrage gestellt

"Natürlich beunruhigt mich das", sagte Kerry zu Russlands Ankündigung. Kerry verwies auf den START-Abrüstungsvertrag, den Russland und die USA 1991 geschlossen und 2010 erneuert hatten. Darin wurde eine Verringerung der Atomwaffenarsenale beider Länder festgeschrieben. "Wir hatten eine enorme Zusammenarbeit seit den 90er Jahren zur Vernichtung von Atomwaffen, die sich auf den früheren Territorien der Sowjetunion befanden, und niemand will, dass wir einen Schritt zurück machen", sagte der US-Außenminister. (APA, 16.6.2015)