Für Film- und Serienfans wird es immer einfacher, ihre Lieblingsinhalte auf dem Fernsehbildschirm zu genießen. In den letzten Monaten sind in Österreich nicht nur mehrere Streaming-Dienste wie Netflix oder Amazon Instant Video an den Start gegangen, auch immer mehr Abspielgeräte kämpfen um die HDMI-Steckplätze an den Fernsehgeräten.

Aktuellster Neuzugang ist der Fire TV Stick von Amazon, der hierzulande seit April erhältlich ist. Im WebStandard-Test zeigt sich der 39 Euro teure HDMI-Stick besonders vielseitig, offenbart jedoch auch Schwächen.

Der Amazon Fire TV Stick ist gerade einmal etwas größer als ein Zeigefinger.
Foto: derStandard.at/Martin Wendel

Die Qual der Wahl

In den letzten Jahren wandelt sich der Fernsehmarkt und die Sehgewohnheiten zunehmend. Orientierte man sich früher beim Fernsehen noch an den Programmen der Sender, wird heute immer häufiger zeitversetzt konsumiert. Das Fernsehen 2.0 weckt dadurch auch neue Bedürfnisse an die Hardware. Waren Streaming-Geräte bis vor einigen Jahren noch recht rar gesät und eher in einem teureren Preissegment, sind nun so gut wie alle namhaften Hersteller mit günstigen Produkten am österreichischen Markt vertreten. Amazon Fire TV Stick, Apple TV oder Google Chromecast – der Kunde hat die Qual der Wahl.

Programme und Spiele über App-Store

Im Vergleich zu den Geräten der Konkurrenz zeigt sich der Fire TV Stick dabei besonders vielseitig. Ähnlich wie beim großen Fire TV, der in Österreich bislang noch nicht erhältlich ist, hat man mit dem Amazon-Stick Zugriff auf einen ganzen Katalog an Programmen und Spielen, mit denen der Funktionsumfang des Gerätes erweitert werden kann. Netflix, YouTube, Spotify, Plex, Tetris, Flappy Bird, Sender-Mediatheken und viele weitere Programme können aus dem App-Store geladen werden, vieles davon auch kostenlos. ORF und ATV sind derzeit aber noch nicht auf dem Fire TV Stick vertreten, hier besteht für den österreichischen Markt noch etwas Nachholbedarf.

Im Lieferumfang ist neben dem Fire TV Stick selbst noch eine Fernbedienung, ein Netzteil, ein Micro-USB-Kabel und eine HDMI-Verlängerung beigelegt.
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8 GB Speicherplatz

Für die Installation der Programme steht dem Fire TV Stick ein interner Speicherplatz von 8 GB zur Verfügung. Eine Erweiterung über externe Speichermedien ist nicht möglich. Ein Micro-USB-Anschluss ist zwar vorhanden, dieser dient aber lediglich zur Stromversorgung des Gerätes. USB-Kabel und Netzteil liegen bei, in unserem Test ließ sich der Fire TV Stick auch ohne Probleme über den USB-Anschluss des Fernsehers mit ausreichend Strom versorgen. Amazon selbst empfiehlt jedoch die Verwendung des Netzteils. Weitere Anschlüsse bietet der Fire TV Stick nicht, im Lieferumfang ist noch ein kurzes HDMI-Verlängerungskabel enthalten.

Gamecontroller für Spiele

Gesteuert wird der Fire TV Stick über die mitgelieferte Bluetooth-Fernbedienung oder eine kostenlose Remote-App, die für iOS und Android angeboten wird. Die Fernbedienung besitzt nur die notwendigsten Knöpfe und ist eigentlich selbsterklärend. Im direkten Vergleich zur Alu-Fernsteuerung des Apple TV wirkt die Amazon-Fernbedienung jedoch etwas klobig, auch die Haptik fällt durch das Kunststoffgehäuse schlechter aus. Der Bedienung von Menüs und Programmen steht das jedoch kaum im Weg. Wer auf dem Fire TV Stick auch spielen möchte, sollte aber zum separat erhältlichen Fire-Gamecontroller greifen. Der Druckpunkt der Fernbedienung ist für Spiele, die häufig schnelle Reaktionen erfordern, nicht geeignet.

Die Fernbedienungen von Fire TV Stick und Apple TV im Direktvergleich.
Foto: derStandard.at/Martin Wendel

Ruckler in den Menüs

Für ausreichend Performance soll ein ARM-Prozessor von Broadcom mit zwei Kernen und einer Taktfrequenz von 1 GHz sorgen. Die Betonung liegt dabei leider auf "soll": Denn während der Fire TV Stick seine Hauptaufgabe – das Streamen von Videos – in unserem Test sehr gut meistert, kommt es bei der Navigation durch Menüs und Apps immer wieder zu unschönen Rucklern. Der vollwertige Fire TV, quasi der große Bruder zum Stick, bietet hier mit einem Quad-Core-Prozessor mit 1,7 GHz deutlich mehr Leistungsreserven.

Die geringere Performance ist damit wohl einer der großen Abstriche, die man mit dem kleineren Gehäuse des Fire TV Sticks und vor allem dem deutlich geringeren Preis in Kauf nehmen muss. Der große Fire TV kostet in Deutschland immerhin 99 Euro – und damit das zweieinhalb Fache des Sticks.

Amazon überall

Das Menü des Fire TV Sticks ist grundsätzlich sehr logisch aufgebaut, ihm fehlt aber eine gewisse Übersichtlichkeit. Denn eine Möglichkeit, Apps oder andere Verknüpfungen auf der Startseite individuell anzuordnen, ist nicht vorgesehen. Stattdessen präsentiert Amazon in der Benutzeroberfläche von Fire OS, so der Name des Android-basierten Betriebssystems, prominent die eigenen Angebote – Prime Instant Video, Amazon Music oder Prime Fotos.

Amazon will Kunden damit wohl eine Prime-Mitgliedschaft, die um 49 Euro jährlich unter anderem Zugang zum Video-on-Demand-Angebot und kostenlosen Premiumversand bietet, schmackhaft machen. Andere Dienste geraten da schnell in den Hintergrund, seltener verwendete Apps verschwinden überhaupt von der Anzeige am Hauptbildschirm und werden nur in einer lieblosen Auflistung dargestellt.

Im Hauptmenü werden die zuletzt aufgerufenen Inhalte dargestellt und weitere Programme und Filme beworben.
Foto: derStandard.at/Martin Wendel

Sideloading von Android-Programmen

Dank des Android-Ursprungs von Fire OS kann der Fire TV Stick auch abseits des App-Stores von Amazon mit Android-Programmen erweitert werden. In den Einstellungen gibt es dazu zwei Entwickler-Optionen, die für das sogenannte Sideloading aktiviert werden müssen – ein Root ist nicht notwendig. Über einen kleinen Umweg landen dann auch Android-APKs auf dem Fire TV Stick, etwa das freie Mediencenter Kodi.

Bei einem kurzen Test funktionierte das Streamen von Serien und Filmen über das Netzwerk in der App tadellos. Plex, das offiziell im App-Store von Amazon erhältliche Pendant von Kodi, sträubte sich aber. Filmen und Serien wurden an sich zwar ohne Probleme dargestellt, in vielen Fällen blieb der Ton aber stumm. Obwohl viele Nutzer des Fire TV Sticks offenbar dieses Problem haben, konnte im Internet keine Lösung dafür gefunden werden.

DIAL als Alternative zu AirPlay und Chromecast

Von Chromecast und Apple TV ist man es gewohnt: Mit wenigen Klicks können in mobilen Programmen Videos, Bilder oder Musik auf dem Fernseher angezeigt bzw. abgespielt werden. Grundsätzlich unterstützt der Fire TV Stick mit DIAL ebenfalls einen solchen Standard. Die Technologie arbeitet aber vor allem mit den Programmen der Entwickler, die dahinterstehen, zusammen – Netflix und YouTube. Auch Musik von Spotify-Premium kann an den Fire TV Stick geschickt werden.

Von einer Verbreitung ähnlich wie bei AirPlay oder Chromecast ist DIAL aber noch weit entfernt. Ärgerlich ist vor allem, dass selbst in den iOS- und Android-Apps von Amazon DIAL nicht implementiert ist. Videos, Bilder und Musik aus den Amazon-Programmen können daher von Fremdhardware nicht an den Fire TV Stick geschickt werden. Die Systeme arbeiten überhaupt nicht zusammen.

Die installierten Programme werden nur in einer lieblosen Auflistung aneinandergereiht.
Foto: derStandard.at/Martin Wendel

Inoffizielle AirPlay-Unterstützung

Mit dem Amazon-Tablet Fire HDX ist es zumindest möglich, Bilder und Videos aus den hauseigenen Apps an den Fire TV Stick zu übertragen. Mit Musik funktioniert das aber selbst mit Amazon-Hardware nicht. Neben DIAL kann der Fire TV Stick außerdem als Miracast-Empfänger dienen. Dadurch lässt sich ähnlich wie bei AirPlay Mirroring der Bildschirminhalt des Fire HDX an den Stick übertragen.

In unserem Test war diese Funktion aber nicht allzu flott, bei der gleichzeitigen Wiedergabe von Musik kam es immer wieder zu kurzen Aussetzern. Im App-Store von Amazon gibt es mit AirReceiver außerdem eine inoffizielle App, die auf dem Fire TV Stick für AirPlay-Unterstützung sorgen soll. Die etwas mehr als zwei Euro waren jedoch eine Fehlinvestition. Die App funktioniert sehr unzuverlässig, die meisten unserer Versuche führten zu Fehlermeldungen.

Fazit

Insgesamt präsentiert Amazon mit dem Fire TV Stick ein sehr vielseitiges Streaming-Gerät, das durch eine große Auswahl an Apps und die sehr gute Integration der Amazon-Dienste überzeugen kann. Ärgerlich ist die etwas zu schwache Performance, die sich in ruckeligen Menüs bemerkbar macht, die lieblose Benutzeroberfläche ohne Möglichkeit für Anpassungen und die nicht vorhandene Kompatibilität mit iOS und Android.

Im direkten Vergleich zum Google Chromecast, der in einer ähnlichen Preisregion angesiedelt ist, weiß beim Fire TV Stick vor allem die Fernbedienung und die Möglichkeit zur Installation von Apps zu überzeugen. Der etwas betagte Apple TV bietet, abseits der sehr guten Integration ins eigene Ökosystem und der AirPlay-Funktion, nur wenige Vorteile und ist zudem fast doppelt so teuer. Bereits im Juni wird aber ein neues Modell erwartet, mit dem die Karten neu gemischt werden könnten.

Letztendlich vereint der Fire TV Stick die Vorteile von Chromecast und Apple TV in einem Gerät: Der Fire TV Stick ist klein und günstig, besitzt eine eigene Benutzeroberfläche und lässt sich über eine Fernbedienung steuern. Um die Geräte der Konkurrenz auch tatsächlich in den Schatten stellen zu können, fehlt jedoch eine stärkere Verbreitung der AirPlay-artigen Funktion DIAL. In diesem Bereich kann der Amazon-Stick dem Apple TV und dem Chromecast derzeit nur hinterherhinken. Der geringe Preis von 39 Euro dürfte die Kaufentscheidung für viele Kunden trotzdem zum No-Brainer machen. (Martin Wendel, 21.06.2015)

Hinweis im Sinne der redaktionellen Leitlinien: Die Testgeräte wurden von Amazon für einen begrenzten Zeitraum zur Verfügung gestellt.