Wien - Eine Pleite Griechenlands und ein Austritt des Landes aus der Eurozone hätte für Österreich fatale Konsequenzen. Mit dieser Warnung ließ Karl Aiginger, der Chef des Wirtschaftsforschungsinstituts (Wifo), am Montag am Rande einer Tagung in Wien aufhorchen.

Griechenlands Wirtschaft spielt zwar im EU-Vergleich nur eine untergeordnete Rolle. Gerade einmal 1,2 Prozent der Wirtschaftsleistung der EU werden in Hellas erwirtschaftet. Auch für Österreichs Unternehmen steht zunächst nicht viel auf dem Spiel: 2014 summierten sich die heimischen Warenausfuhren nach Griechenland auf 412 Millionen Euro. Griechenland belegt damit gerade einmal Rang 45 in der heimischen Exportstatistik.

Doch Wifo-Chef Aiginger warnt vor Zweitrundeneffekten. So würde ein Grexit die für Österreich so wichtige Region in Ost- und Südosteuropa "total destabilisieren". Auf Griechenland kämen nach einem Grexit verschärfte Probleme zu: Das Land ist stark von Lebensmittelimporten abhängig. Mit einer eigenen, abgewerteten Währung würden sich Nahrungsimporte über Nacht verteuern. Das Chaos würde auch auf Länder wie Serbien und Montenegro abschreckend wirken: Die EU würde ihre Strahlkraft verlieren. Für Russland wäre das die Chance, das Vakuum auf dem Balkan politisch zu füllen, so der Ökonom.

Angst um Italien

Auch Aigingers Kollege Marcus Scheiblecker warnt davor, einen Grexit zu unterschätzen. Im günstigsten Fall müsste Österreich "nur" jene Kosten tragen, die durch eine Pleite entstünden. Mit 5,86 Milliarden Euro hat sich die Republik an den Hilfsprogrammen für Athen beteiligt. Weiters haftet Österreich bei der Europäischen Zentralbank (EZB) mit. Die EZB hält griechische Staatsanleihen im Wert von 20 Milliarden Euro. Ein Teil dieses Geldes wäre wohl nach einem Grexit weg. Im schlimmsten Szenario würde die Verunsicherung nach einem Grexit auf andere Länder wie Spanien und Italien übergreifen - das würde die heimische Wirtschaft dann hart treffen, so Scheiblecker. (szi, 15.6.2015)