Wien – Im Ringen um eine Lösung für Griechenland unternimmt Wifo-Chef Karl Aiginger einen "verzweifelten" Vorstoß: In einem Gesamtpaket für das Krisenland, das der Ökonom am Montag bei der volkswirtschaftlichen Tagung der Notenbank in Wien präsentierte, ist auch eine 30-prozentige Zwangsabgabe auf im Ausland gebunkertes griechisches Vermögen enthalten. Europa und die Schweiz sollen bis ersten August die Guthaben der Griechen an das Finanzamt in Athen melden. Kommt es nicht zur Offenlegung, wäre eine Pauschalabzug in genannter Höhe durchzuführen.

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Wifo-Chef Aiginger sorgt sich um Griechenland und hat ein Konzept für eine rasche Lösung ausgearbeitet.
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Die Einnahmen aus dieser Maßnahme sollten in einen griechischen Investitionsfonds fließen, schlägt Aiginger laut Redetext weiter vor. Dieser solle im Eiltempo die benötigten Mittel vergeben, ohne sich lange mit Bürokratie aufzuhalten. Überdies solle die Notwendigkeit einer griechischen Kofinanzierung entfallen. Dieser Fonds solle mit 1. September ausgearbeitet sein und am 1. November dieses Jahres mit Auszahlungen beginnen. Zudem sollten im Ausland lebende Griechen, internationale Investoren (wie China, Saudi-Arabien und Norwegen) und Unternehmen "eingeladen" werden, in den Topf einzuzahlen.

Zugang zu Jobs

Ein weiterer Punkt: Alle Griechen unter 30 Jahren sollten Zugang zu regulierten beruflichen Aktivitäten erhalten. Als Beispiele nennt Aiginger Taxi- und Transport-Angebote und andere Dienstleistungen. Diese Liberalisierung solle zumindest in der sechsmonatigen Tourismussaison gelten.

Griechenland und die EU finden einander bisher nicht.
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Sollte Athen diese Maßnahmen nicht umsetzen, müssten die von den Geldgebern geforderten Einschnitte akzeptiert werden. Konkret nennt der Wifo-Chef Pensionskürzungen und Stellenstreichungen im öffentlichen Dienst. Sollte Europa wiederum die Offenlegung und Besteuerung von Auslandsvermögen und die Gründung des Investitionsfonds nicht zuwege bringen, würden die Griechen frisches Geld ohne weitere Auflagen erhalten, umreißt Aiginger den Mechanismus, um die Anreize für einen "Deal" zu erhöhen.

Wegen des Patts bei den Verhandlungen ist die griechische Börse zu Wochenbeginn neuerlich eingebrochen. Die Kurse gaben zu Mittag um sieben Prozent nach, Bankenwerte sackten massiv ab, die Papiere der Piräus Bank etwa verloren knapp 18,5 Prozent, auch die Titel anderer Geldhäuser lagen zweistellig im Minus.

Frankreichs Präsident Francois Hollande hat indessen ungewöhnlich eindringlich zur raschen Wiederaufnahme der zuletzt erneut gescheiterten Gespräche aufgerufen. "Lasst uns keine Zeit verlieren, lasst uns so schnell wie möglich die Verhandlungen wieder aufnehmen", sagte Hollande an Griechenland gerichtet am Montag in der Nähe von Paris. "Wir haben jetzt extrem kurze Fristen. Achtung, wir kommen in eine Zeit, die von Turbulenzen geprägt sein kann, wenn keine Einigung gefunden wird."

Die griechische Regierung ließ über einen Sprecher am Montag noch einmal ausrichten, dass man zu keinen weiteren Einschnitten im Pensionssystem und Steuererhöhungen bereit sei.

Die EU-Kommission wiederum hat Berichten widersprochen, wonach die Geldgeber im Schuldenstreit neue Pensionskürzungen fordern. "Wir haben nicht Einschnitte bei einzelnen Pensionen vorgeschlagen", sagte eine Sprecherin am Montag in Brüssel. (as, red, 15.6.2015)