Eine bestimmte menschliche Genvariante macht Brustkrebszellen aggressiver. Diese sind nicht nur resistenter gegen Chemotherapien, sondern sie verlassen auch den Primärtumor und lassen sich in anderen Körperregionen in Form von Metastasen nieder.

Ein dafür wesentlich verantwortliches Gen, AF1q, wurde nun von einer internationalen Forschungsgruppe rund um Lukas Kenner von der MedUni Wien identifiziert und als möglicher Ansatzpunkt für genauere Diagnosen und mögliche zielgerichtete Therapieansätze erkannt.

Entscheidendes Schlüsselprotein

Das menschliche Gen AF1q wurde ursprünglich in einer chromosomalen Abnormalität entdeckt und als wichtiger Faktor bei der Entstehung von Leukämien erkannt. In besonders aggressiven Formen von akuter myeloischer Leukämie (AML) fand man auch erhöhte Af1q-Spiegel.

Die genaue Funktion von AF1q im Körper ist noch nicht vollends geklärt, aber die Studie zeigt, dass AF1q ein entscheidendes Schlüsselprotein im TCF7/Wnt-Signalweg darstellt und das Verhalten von Krebszellen steuert. Erweiterte AF1q-Expression fördert die Entstehung und das Wachstum von Tumorzellen und verhindert den natürlichen Zelltod.

An Brustkrebs erkrankte Menschen mit ausgeprägter AF1q-Expression haben eine weit schlechtere Prognose als jene ohne sie. Weiters sind AF1q-"positive" Krebszellen resistenter gegenüber Chemotherapien.

Tumorzellen auf Wanderschaft

In Modellversuchen wurde weiters gezeigt, dass gesteigerte Expression von AF1q in Brustkrebszellen die Metastasenbildung in der Leber wie auch in der Lunge fördert. Als die Forschungsgruppe Proben vom Primärtumor mit Proben von Metastasen verglich, stellte sie fest, dass AF1q-positive Krebszellen den Primärtumor verlassen hatten und sich in anderen Körperregionen als Metastasen angesiedelt hatten.

"Es weist viel darauf hin, dass Krebszellen mit hyperaktiver AF1q-Expression als eine Art Gründungszellen für Metastasen wirken", beschreibt Lukas Kenner, "sie besitzen die Fähigkeit, in andere Körperregionen abzuwandern, sich dort festzusetzen und auszubreiten."

Da die gesteigerte Existenz von AF1q auf eine schlechtere Prognose hinweist, kann diese Erkenntnis zukünftig für eine verbesserte Diagnostik dienen. AF1q kann aber auch als Ansatzpunkt für zielgerichtete Therapien verwendet werden. So könnte in Zukunft die Bildung von Metastasen reduziert oder sogar ganz verhindert werden. (red, 15.6.2015)