AP / Michael Probst

Demnächst dürfte es neun unterschiedliche Bundesländer-Verbotsgesetze für den Anbau von GVO-Pflanzen geben.

Wien – Gentechnik in der Landwirtschaft ist in Österreich eine Materie, bei der man als Politiker nur gewinnen kann. Wenn man lautstark ablehnt, kann man sich sicher sein, beim Wahlvolk Zuspruch zu erhalten.

Deshalb bemühen sich alle, möglichst schnell von der Opt-out-Möglichkeit Gebrauch zu machen, die die EU-Kommission im Jänner in Sachen Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen (GVO) ausgesprochen hat. Opt-out: Das heißt, dass es einem Mitgliedsstaat erlaubt ist, bei einer EU-weiten Sache nicht mitzumachen.

In Österreich, wo bisher ein rechtlich wackeliges "Selbstbestimmungsrecht für Saatgut" die GVO-Freiheit auf den Äckern regelte, ist eine Art Wettlauf im Gange: Wer hat die ersten Gentechnik- Verbotsgesetze?

Niederösterreich vor

Auf Landesebene ging der Sieg an die Niederösterreicher, die mit der Begründung, Anbau sei Landessache, die EU-Richtlinie bereits umgesetzt haben. Allerdings fehlerhaft, wie Greenpeace-Expertin Dagmar Urban kritisiert. Die EU gibt nämlich Begründungen vor, weshalb man Gentechnik außen vor lassen kann, darunter sogenannte "sozioökonomische Gründe". Diese Angabe, sagt Urban, wurde aber im NÖ-Gesetz vergessen.

Solche Schnellschüsse schwächten die Sache insgesamt, meint der grüne Agrarabgeordnete Wolfgang Pirklhuber: "Das wird wahnsinnig kompliziert." Im Kärntner Landtag wurde deshalb in der Vorwoche einstimmig beschlossen, darauf hinzuwirken, dass bei sämtlichen GVO-Verboten nur ein Bundesministerium die Federführung hat.

Kärnten

Diese Kärntner Einsicht ist in anderen Ländern nicht zu finden. "Es läuft in die Richtung, dass sich das jeder einzeln selber machen will", erläutert Urban. Zwar habe es den Vorschlag gegeben, dass die Länder auf einen Teil ihrer Kompetenzen in der Anbaufrage verzichten. Und zwar zugunsten eines einheitlichen nationalen GVO-Verbotsgesetzes. Aber im Rahmen der derzeit laufenden Verhandlungen zum Finanzausgleich seien die Bundesländer übereingekommen, dem Bund sicherheitshalber kein Stückchen Terrain zu überlassen.

Ausscheren

Sowieso sind es auf Bundesebene zwei Ministerien, die sich die Materie teilen. Da ist das ÖVP-geführte Landwirtschaftsministerium sowie das von einer SPÖ-Ministerin geleitete Gesundheitsressort. Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter hat das "Gentechnik-Anbauverbots-Rahmengesetz" bereits im Ministerrat durchgebracht. Dieses ist allerdings so gehalten, dass es für die Verbote erst wieder Landesgesetze geben muss. Dadurch, so die Kritik, gebe es die theoretische Möglichkeit, dass ein Bundesland aus der einheitlichen Verbotslinie irgendwann ausschert und das GVO-Verbot absetzt.

Auch das Gesundheitsministerium bastelt an diesbezüglichen neuen Gesetzen. Denn laut EU-Kommission kann ein EU-Mitglied schon beim Zulassungsverfahren ein Verbot für sein Land aussprechen. Da wiederum ist das Gesundheitsministerium zuständig. (Johanna Ruzicka, 15.6.2015)