Die Chefs der beiden großen deutschen Kabelnetzbetreiber machen bessere Chancen für Firmenzusammenschlüsse in der Branche aus. Bisher standen die EU-Wettbewerbshüter Fusionen sehr skeptisch gegenüber, da sie fürchteten, dass große europäische Telekom-Konzerne die Preise oben halten könnten.

Netflix, Google und Facebook

Doch haben sich die Fronten mittlerweile verschoben: Die wirklich mächtigen Anbieter kommen mittlerweile aus den USA und heißen Netflix, Google und Facebook. "Aus meiner Sicht hat EU-Kommissar Günther Oettinger erkannt, dass Größe für europäische Netzbetreiber wichtig ist", sagt Lutz Schüler, Chef des zweitgrößten Kabelanbieters Unitymedia, zu Reuters. Denn Größe bedeute höhere Investitionen in Netze, und die seien notwendig, damit das digitale Europa Wirklichkeit werde. "Insofern hat sich die Sicht der Kommission auf eine Konsolidierung in der Telekom-Branche in Europa gewandelt."

Ganz ähnlich sieht es Kabel-Deutschland-Chef Manuel Cubero: Es gebe in der EU-Kommission die Tendenz, den europäischen Binnenmarkt auch digital zu vereinigen. "Daher hoffen wir auf eine Regulierung vonseiten der EU, die uns Handlungsfreiheiten gibt, und diese Freiheit werden wir auch nutzen."

Defacto-Übernahmeverbot

Bald könnte sich zeigen, ob die Kabel-Chefs recht haben und die Kommission Übernahmen in der Telekom-Branche wirklich durchwinkt. Die Mutterkonzerne von Kabel Deutschland und Unitymedia, Vodafone und der US-Kabelnetzbetreiber Liberty Global planen derzeit nämlich den Tausch von einzelnen Geschäften. Analysten zufolge könnten die Amerikaner etwa Unitymedia gegen Vodafone-Mobilfunkableger in anderen Ländern tauschen. Cubero und Schüler wollten sich dazu nicht äußern.

Nach Jahren eines Defacto-Übernahmeverbots erlaubte die Kommission erst jüngst zögerlich erste Zusammenschlüsse von Mobilfunkbetreibern in Österreich, Irland und Deutschland. Und Liberty Global durfte in den Niederlanden ein Kabel-Monopol aufbauen, um dem früheren Telefonmonopolisten KPN besser Konkurrenz zu machen. Die EU-Kommission fördere den Infrastruktur-Wettbewerb, sagt Maria Rua Aguete vom Marktforschungsinstitut IHS. Insofern wäre es sinnvoll, neben dem großen Netz der Deutschen Telekom auch ein einziges Kabelnetz zu schaffen.

Aus Sicht von Kabel-Deutschland-Chef Cubero, der bald auch befristet Vodafone Deutschland lenkt, spricht vor allem der Wandel des Wettbewerbs für eine Konsolidierung in dem Sektor. "Früher waren Kabelnetzbetreiber im Fernsehbereich dominant." Heute gebe es so etwas nicht mehr, stattdessen aber viel Konkurrenz durch Internet-gestützte Fernsehdienste wie Netflix.

Der Breitbandmarkt ist in Deutschland klar verteilt: Von 29,6 Millionen Internet-Anschlüssen gehören zwölf Millionen der Telekom - die Kabelanbieter zusammen kommen lediglich auf 5,9 Millionen. (APA, 12.6. 2015)