Franz Schleich hat gegen Schwarz-Rot in der Steiermark gestimmt. Er sieht sich in seiner Haltung nicht allein.

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STANDARD: Sie haben im steirischen Parteivorstand als einer von wenigen gegen den Koalitionspakt mit der ÖVP gestimmt. Warum?

Schleich: Für mich war diese Reformpartnerschaft mit der ÖVP eine Frage des Vertrauens. Dass jetzt der Zweite die erste Position beansprucht hat, ist einfach nicht in Ordnung. Ich habe in der Sitzung Nachverhandlungen verlangt und gesagt, wenn es mit der ÖVP nicht möglich ist, dann sollten wir es auch mit der FPÖ versuchen, wenn schon die ÖVP die Reformpartnerschaft auf diese Weise aushebt. Es ist einfach schwer zu verstehen, was da abgelaufen ist. Franz Voves hat ja bei der letzten Wahl auch mit der FPÖ verhandelt und damit die ÖVP in Zugzwang gebracht. In der Sitzung gab es dann aber leider eine große Mehrheit für den Plan, auf den Landeshauptmann zu verzichten. Wenn man weiß, wer aller im Vorstand sitzt, kann man sich eh einen Reim darauf machen.

STANDARD: Also Funktionäre, die von Parteiposten abhängig sind?

Schleich: So in diese Richtung.

STANDARD: Alle fragen sich, warum die SPÖ nicht versucht hat, aus der Position des Ersten zumindest eine Halbzeitlösung auszuverhandeln.

Schleich: Uns wurde von Franz Voves erklärt, dass die ÖVP auf dem Landeshauptmann bestanden hat. Sonst wäre Schwarz-Blau gekommen. Da habe es bereits ein fix und fertiges Paket mit der FPÖ gegeben. Das heißt, diese Drohung wird auch weiter im Raum stehen, und unsere Regierungsmitglieder müssen die nächsten Jahre ganz brav sein. Das, was die ÖVP, was Hermann Schützenhöfer mit uns gemacht hat, ist charakterlich einfach nicht in Ordnung. So geht man mit einem Partner nicht um. Ich bin wirklich sehr enttäuscht von Hermann Schützenhöfer. Das war sehr unredlich und wird sich ganz sicher auf die Arbeit in dieser neuen Regierung auswirken.

STANDARD: Ist eine Fortsetzung dieser fünf Jahre lang harmonisch gelebten Reformpartnerschaft überhaupt noch denkbar?

Schleich: Für mich ist jetzt die Grundbasis zur ÖVP gestört. Die ganze Beziehung zur Volkspartei und letztlich die ganze neue Regierung erscheinen jetzt in einem ganz schiefen Licht. Und das ist nicht gut für das Land. Nur Hermann Schützenhöfer freut sich jetzt wie ein kleines Kind darüber, dass er die SPÖ über den Tisch gezogen hat. Diese neue Koalition zwischen SPÖ und ÖVP hat keine ehrliche Basis mehr.

STANDARD: Das heißt, es kommen wieder die alten Zeiten des Parteienstreits in der Regierung, und das war's dann mit der über die Landesgrenzen so gelobten Partnerschaft zwischen SPÖ und ÖVP?

Schleich: Unter diesen neuen Umständen wird es für die SPÖ leider ganz, ganz schwer in dieser Regierung. Ich war 24 Jahre lang Abgeordneter im Landtag und habe die ÖVP als Landeshauptmannpartei, ich habe diese ganze Arroganz erlebt. Wenn wir als Bürgermeister um ein paar Euro, oder damals waren es noch Schilling, zum Landeshauptmann pilgern mussten, waren das immer sehr demütigende Bittgänge. Da werden viele dem Franz Voves nachweinen, denn dem war es immer peinlich, wenn jemand zu ihm bitten kam.

STANDARD: Wie reagieren denn die Parteimitglieder an der Basis, zum Beispiel in Ihrem Bezirk in der Südoststeiermark, auf den Verlust des Landeshauptmanns?

Schleich: Ich werde seit gestern mit Mails, SMS und Telefonaten bombardiert. Etliche drohen, aus der Partei auszutreten. Die Entscheidung muss jetzt halt der SPÖ-Landesgeschäftsführer den Mitgliedern erklären. Er muss jetzt in die Bezirke fahren und den Parteimitgliedern Rede und Antwort stehen. Ich erkläre unseren Parteifreunden das Ganze sicher nicht. Ich war ja dagegen. (Walter Müller, 12.6.2015)