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Aung San Suu Kyi in Peking.

Foto: Reuters/China Daily

Peking – In der Großen Halle des Volkes umwarb der chinesische Präsident Xi Jinping die aus Burma (Myanmar) kommende Menschenrechtsaktivistin Aung San Suu Kyi, mit der Peking noch vor wenigen Jahren nichts zu tun haben wollte. Es war ein ungewöhnliches Treffen zwischen dem absolute Macht ausstrahlenden Xi und der zierlichen Oppositionspolitikerin aus dem Nachbarland. Die Botschaft: Xi setzt auf die 69-Jährige und wünscht sich ihre politische Freundschaft.

Internet-Blogs, die den Besuch zum Anlass nahmen, um eine Amnestie für den seit sieben Jahren inhaftierten Friedensnobelpreisträger Liu Xiaobo zu fordern, wurden jedoch zensiert. Nachrichten des in Peking empfangbaren BBC-Fernsehens wurden sofort ausgeblendet, als sie meldeten, dass Suu Kyi sich für Bürgerrechtler Liu einsetzen könnte. Der Bildschirm wurde jedes Mal schwarz.

Am Ende bestimmte reine Realpolitik, dass Pekings autoritäre Parteiführer und Suu Kyi aufeinander zugehen wollen. Chinas Führer wissen, dass die Oppositionspolitikerin mit ihrer Demokratischen Union bei den Wahlen in Burma im November als aussichtsreiche Kandidatin gilt. Jahrzehntelang hatte Peking kein gutes Wort für sie übrig und unterstützte das Militärregime, während sie 15 Jahre lang im Hausarrest saß. Auch nach ihrer Freilassung 2010 durfte in China nicht über sie gesprochen werden. 2011 verbot die Zensur gar den französischen Spielfilm "The Lady" von Luc Besson. Der Aung San Suu Kyi preisende Film sei "schädlich für Chinas politische Kultur".

Pragmatischer Neuanfang

China hat jedoch gute Gründe, um die Beziehungen zu Burma zu verbessern und dabei um die Hilfe von Suu Kyi zu werben. Peking hatte im Verein mit den früheren Militärmachthabern in zahlreiche Wirtschaftsprojekte investiert. Sie stehen nun auf dem Prüfstand, darunter auch der Bau einer Ölpipeline. Geopolitisch wurde Burma für China zum Landkorridor mit Zugang zum Indischen Ozean. All das geht zurück auf die alte Diktatur. Seit 2012 nähert sich Burma jedoch den USA an - ein Alarmsignal für Peking.

Auch Suu Kyi hat ein Motiv, sich zu arrangieren. Wenn sie zu Hause ihre Wahlen gewinnen will, muss sie einen Plan haben, wie sie mit Peking zusammenarbeiten kann - ob sie dessen Führer nun mag oder nicht. Das Verhältnis von Burma und China könne nicht wie das eines Ehepaares sein, erklärte die Politikerin pragmatisch: Eheleute könnten sich jederzeit scheiden lassen, Burma und China blieben jedoch Nachbarländer, was immer sie tun. "Also warum nicht das Beste daraus machen?" (Johnny Erling aus Peking, 12.6.2015)