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Mit dem Storm wollte Blackberry für Gegenwind zum Apple-Erfolg sorgen. Auf dem Markt erwies sich das eilig produzierte Gerät allerdings als laues Lüftchen.

Jim Balsillie gehört zu den Veteranen der Tech-Branche. Der kanadische Geschäftsmann hatte einst gemeinsam mit Mike Lazaridis den Smartphone-Pionier Research in Motion (heute Blackberry) gegründet und war zusammen mit ihm bis 2012 für die Leitung des Unternehmens zuständig. Lange hatte die Firma einen guten Ruf für ihre Produkte und Innovationsfreudigkeit, geriet jedoch gegen Ende des letzten Jahrzehntes in immer größere Turbulenzen.

Heute ist der Konzern vor allem als Dienstleister relevant und führt im von Apple und Android-Geräten dominierten Markt für Mobiltelefone nur noch ein Schattendasein. Drei Jahre nach seinem Abtritt von der Firmenspitze hat Balsillie nun erstmals darüber gesprochen, was bei dem einstigen Vorzeigeunternehmen schief gelaufen ist, wieso einst das iPhone gewonnen hat und er trotzdem noch ein Blackberry Bold verwendet.

Apple brachte Smartphones in die Masse

Mit dem iPhone, dessen erste Version 2007 auf den Markt kam, mischte Apple die Branche auf. Es war zwar weder das erste Smartphone, noch das erste Handy mit Touchdisplay, allerdings das erste Gerät seiner Art, das vor allem dank seiner einfachen Zugänglichkeit breiten Zuspruch bei der Masse der Kunden fand. Sein Erfolg legte den Grundstein für die weitere Entwicklung, in deren Verlauf Smartphones zum alltäglichen Begleiter wurden und die klassischen Tastenhandys weitestgehend verdrängten.

Schnellschuss Storm

Der Erfolg des Produktes aus Cupertino blieb auch Blackberry nicht verborgen. Die Kanadier brachten pünktlich zum Weihnachtsgeschäft 2008 und damit ein paar Monate nach dem Launch des iPhone 3G mit dem Storm ihr erstes Handy mit berührungsempfindlichen Display in den Handel. Das Modell wurde mit gemischten Gefühlen empfangen. Lob gab es für Businessfunktionen und die gute Sprachqualität, Schelte für die umständliche Bedienung und fehlerhafte Telefonsoftware.

100 Prozent Rücklauf bei Verizon

Ausgesprochen schlechte Erinnerungen an diese Zeit hat Balsillie, der auch den Autoren des Buches "Losing the Signal: The Spectacular Rise and Fall of Blackberry" seine Erfahrungen geschildert hat.

"Mit dem Storm wollten wir zu viel erreichen. Es hatte ein Touchdisplay, es hatte neue Anwendungen. Und es wurde alles in einer unglaublich kurzen Zeit gemacht und ist uns um die Ohren geflogen", zitiert ihn "The Verge". Bei der Kundschaft kam das Gerät offenbar gar nicht gut an. Sämtliche Geräte, die über den US-Provider Verizon, der größte Kunde des Unternehmens, verkauft wurden, waren zurückgegeben worden.

Die Folge: Verizon sah sich gezwungen, Geräte anderer Hersteller offensiver zu vermarkten und verlangte 500 Millionen Dollar Schadenersatz. "Da wusste ich, dass wir bei Highend-Hardware nicht konkurrenzfähig waren", so Balsillie.

Blackberry verschlief Messenger-Boom

Der Co-CEO hatte sich außerdem schon damals dafür starkgemacht, den populären Blackberry Messenger auch auf andere Geräte zu bringen, da der Konzern den größten Teil seiner Einnahmen ohnehin aus Dienstleistungen erzielte. Stattdessen versuchte Blackberry weiter im Handygeschäft mitzuhalten und musste dem Aufstieg von Whatsapp und Co. zusehen.

Trotz allem bleibt er bei seinen eigenen mobilen Begleitern seiner Firma treu, obwohl er "kein besonders sentimentaler Typ" sei. Er verwende immer noch das im Massenmarkt kaum nachgefragte Playbook-Tablet und telefoniere mit einem Blackberry Bold. Dieses würde er erst hergeben, meint er in Anspielung auf ein vom einstigen NRA-Chef Charlton Heston mitgeprägtes Zitat, wenn man es ihm aus seinen "kalten, toten Händen" reiße. (gpi, 11.6.2015)