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Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan fordert von den Parteien Kompromissbereitschaft.

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HDP-Chef Selahattin Demirtas wirbt für eine Regierungskoalition ohne Erdogans AKP.

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Ankara – Nach der Parlamentswahl in der Türkei hat der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan am Donnerstag eine rasche Regierungsbildung gefordert. Der Wähler habe keiner Partei die absolute Mehrheit im Parlament zugewiesen, das Wesen einer Demokratie sei es, in einer solchen Lage Lösungen zu finden, sagte er in Ankara – bei seinem ersten öffentlich Auftritt seit den Wahlen am Sonntag. Erdogan forderte Kompromissbereitschaft von den Parteien. Niemand dürfe jetzt "Ich" sagen, vielmehr müssten alle das "Wir" betonen.

Zugleich formiert sich jedoch Widerstand gegen eine erneute Regierung unter der AKP. Die Kurden-Partei HDP warb am Donnerstag für eine Koalition unter Ausschluss der seit mehr als einem Jahrzehnt regierenden Partei.

Die islamisch-konservative AKP verlor beim Votum am Sonntag ihre absolute Mehrheit und ist damit künftig auf einen Koalitionspartner angewiesen. Die Regierungspartei hat eine Neuwahl nicht ausgeschlossen, sollte sich kein Bündnis schmieden lassen.

Neuwahl-Debatte "hilft nicht"

Seine Partei sei offen für alle Koalitionen – mit Ausnahme eines Bündnisses mit der AKP, sagte der Chef der Demokratischen Partei der Völker (HDP), Selahattin Demirtas. "Jetzt die Türkei in eine Debatte über eine Neuwahl zu ziehen, hilft nichts", fügte er hinzu. "Wir sind der Meinung, dass die Türkei eine Koalition finden muss." Der Sprung der HDP über die Zehn-Prozent-Hürde war entscheidend für die Wahlschlappe der Partei für Gerechtigkeit und Aufschwung (AKP).

Sie hatte eine Zwei-Drittel-Mehrheit angestrebt, die ihr aus eigener Kraft Verfassungsänderungen ermöglicht hätte. Erdogans Ziel war es, nach der Wahl eine starke Präsidialmacht einzuführen, die aber vom Parlament abgesegnet werden müsste. (APA, 11.6.2015)