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Einige Mitglieder der Bioethikkommission sprechen sich auch für eine Impfpflicht für Personal in Kindergärten und Schulen aus.

Foto: dpa/Patrick Seeger

Wien – In die auch ideologisch aufgeladene Impfdebatte in Österreich kommt gehörig Schwung. Am Montag veröffentlichte die beim Bundeskanzleramt angesiedelte Bioethikkommission ihre Stellungnahme zum Thema Impfen. Eine Empfehlung der Kommission ist derart konkret, dass sie einer Forderung gleicht: Personal im Gesundheitswesen treffe nach dem Nicht-Schadens-Prinzip eine ethische Verpflichtung, "sich impfen zu lassen".

Bei Mitarbeitern in Spitälern und anderen Einrichtungen, die mit "besonders vulnerablen Patienten befasst sind", müsse ein Impfschutz "unabdingbar eingefordert" werden. Nicht geimpftes Personal würde für Patienten ein erhebliches Gefährdungspotenzial bieten, womit "eine gesetzliche Impfpflicht für solche Personengruppen rechtfertigbar" sei. "Personal, das sich nicht impfen lassen will, hat in Krankenhäusern nichts zu suchen", sagte Kommissionsmitglied Arnold Pollak, Universitätsprofessor für Kinder- und Jugendheilkunde.

Schulimpfprogramme auf Kindergärten ausweiten

Etwas diplomatischer lautet die Stellungnahme der Kommission zum umstrittenen Thema Impfpflicht in Kindergärten und Schulen. Das Expertengremium empfiehlt, Schulimpfprogramme auf Kindergärten auszuweiten und in Bildungseinrichtungen den Nachweis eines ausreichenden Impfschutzes einzufordern. Für den Fall, dass Eltern Impfungen für ihr Kind partout ablehnen, sei mit Sensibilität vorzugehen.

Um eine leichtere Einwilligung zu erreichen, müsste die Bevölkerung über das Thema Impfen besser informiert werden. "Da gibt es Defizite", sagte Christiane Druml, die Vorsitzende der seit einem Jahr arbeitenden 25-köpfigen Kommission. Sollte festgestellt werden können, dass Eltern trotz ausführlicher Impfaufklärung ihr Kind nicht impfen lassen und dieses dann infiziert wird, könnten Eltern für Folgeschäden haftbar gemacht werden, sagte Christiane Wendehorst, Universitätsprofessorin für Zivilrecht.

Impfpflicht für Pädagogen

Auch Personal in Kindergärten und Schulen sei laut der Kommission gefordert. Eine Empfehlung zur Impfpflicht für Mitarbeiter in den Bildungseinrichtungen findet sich in der Stellungnahme zwar nicht. Kommissionsmitglied Pollak sprach sich aber – wie weitere Experten im Gremium – für eine Impfpflicht aus. "Die verantwortlichen Träger der Kindergärten und Schulen müssen da Maßnahmen setzen", sagte die Zivilrechtlerin Wendehorst.

Das Ziel sei, bei gefährlichen Erkrankungen mit Mensch-zu-Mensch-Übertragung wie Masern die Durchimpfungsrate zu erhöhen. "Da sieht es in Österreich ganz schlecht aus", sagte Pollak. Um eine effektive "Herdenimmunität" sicherzustellen, sei bei Masern eine Durchimpfungsrate von 95 Prozent nötig. Diese sei in Österreich längst nicht erreicht.

Natürlich habe die Pharmaindustrie Interesse daran, mit diesen Impfungen Geld zu verdienen, sagte Pollak. Dennoch sei er den Konzernen vor allem für die Forschung und Entwicklung von Impfstoffen "dankbar". Impfskepsis hatte in der Bioethikkommission jedenfalls keinen Platz, sagte Vorsitzende Druml.

Gesundheitsministerium prüft Impfpflicht

Gesundheitsministerin Sabine Oberhauser (SPÖ) hat die Forderung der Bioethikkommission "zur Kenntnis genommen". Die Notwendigkeit der Einführung einer Impfpflicht für Spitalsmitarbeiter werde im Ministerium gerade geprüft, heißt es aus ihrem Büro zum STANDARD. Das "kann, muss aber nicht eine Gesetzesinitiative zur Folge haben". Eine Impfpflicht für Mitarbeiter in Kindergärten oder Schulen ist "derzeit nicht angedacht". ( David Krutzler, 8.6.2015)