Alles top am Kurvenscheitelpunkt? Ein Ringtraining hilft dabei.

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Roland Resch ist einer von Österreichs schnellsten Motorrad-Rennfahrern.

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Zwischen den Rennterminen coacht er Amateure und geht etwa mit Onboard-Kameras auf Spurensuche.

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Auf den letzten Metern reißt du gar nicht mehr so das Gas auf – weil es nichts bringt. Das war wohl eine der langsamsten Runden, die du je gefahren bist, geht dir auf der Start-Ziel-Geraden durch den Kopf. Wenn du da vorn über die Ziellinie gefahren bist, poppt die Zeit im Cockpit auf. Du weißt gar nicht, ob du überhaupt schauen sollst, was der Wecker zeigt. Und dann schaust du doch, weil du eh gerade Zeit hast, im Schlepptau deines Instruktors. Fast im Windschatten bist du mit ihm über den Ring gefahren. Vorderreifen an Hinterreifen. Das Display springt um: persönliche Bestzeit.

Im ersten Moment kann man sich gar nicht erklären, was da gerade passiert ist. Schon fast entspannend war die letzte Runde. Während du sonst schon einmal mit weit aufgerissenen Augen am Bremshebel ziehst, weil du schon wieder viel zu schnell durch die Kurve wolltest. Du willst nicht in den Schotter, du willst aufs Podest. Für Letzteres fehlten dir immer viele Sekunden, Ersterem bist du nicht einmal nur um wenige Millimeter entkommen. Und jetzt, komplett ruhig, fährst du deine persönliche Bestzeit. Wie geht das?

Eine Frage der Linie

Eines der großen Geheimnisse ist die Linienwahl. Wer schnell sein will, der muss an der richtigen Stelle in die und aus der Kurve. Am besten zeigen einem das die Profis. Roland Resch, Martin Bauer oder Damian Cudlin sind erfahrene Motorrad-Rennfahrer, die Rundstreckentrainings anbieten. Und in erster Linie geht es einmal um die Linie.

Die schnellste Linie zu finden ist nicht jedem in die Wiege gelegt, vor allem wenn man am Kurveneingang nicht bis zum Ende sieht, ist es verdammt schwierig, alles richtig zu machen. Die Ideallinie, werden manche nun vielleicht einwenden, ist schnell und leicht gefunden. Mag sein, ja, vor allem wenn man sie sich auf einem Plan ansieht. Aber die Ideallinie ist zwar die kürzeste, selten die schnellste Linie. Rennfahrer wissen, wo man spät bremsen kann, wo man früh ans Gas gehen kann, und sie sehen sofort, wo man wertvolle Zeit liegenlässt.

Videoüberwachung

Roland Resch, österreichischer Superbike-Staatsmeister, arbeitet bei seinen Trainings gerne mit Onboard-Kameras. Auf den Videos sieht man Linien- und Fahrfehler sehr rasch, zudem bieten Videos den Vorteil, dass man sie anhalten, vor- und zurückspulen oder langsamer abspielen kann, um eine Kurve zu analysieren.

"Setz dich, wenn du aus der Rechtskurve kommst, nicht erst auf das Bike und rutsch dann vor der Linkskurve wieder weiter, sondern richte dich gleich für die Links her", rät er beim Betrachten des Videos etwa. In der Tat sieht man, wie das Motorrad unruhig wirkt, wenn man sich darauf bewegt, zudem brauchen zwei Handlungen mehr Aufmerksamkeit als eine, Aufmerksamkeit, die einem dann vielleicht auf der Bremse fehlt.

Prominenter Schüler

Als Michael Schumacher 2008 sein erstes Motorradrennen fuhr, musste er sich auf dem Pannoniaring nur zwei Männern geschlagen geben. Andreas Meklau, der die damalige Hausrennstrecke der Wiener so gut kennt wie kein anderer, und Martin Bauer. Letzteren kannte Michael Schumacher aber schon recht gut, denn von ihm ließ er sich in die letzten Geheimnisse des Motorradrennsports einführen. Und Schumacher traf damit eine herausragende Wahl, denn Martin Bauer ist nicht nur mit mehreren internationalen Superbike-Meistertiteln ausgezeichnet, sondern auch noch ein Profi, was die Fahrwerkseinstellungen und Motoroptimierungen angeht.

Schumacher und Bauer fuhren bald als Teamkollegen mit dem optisch gleichen Motorrad Kreise um alle anderen – nur mit dem kleinen Unterschied, dass der Herr Schumacher nicht selten mit dem Lumpensammler zurück an die Box kam, mit dem Abschleppwagen, der ausrückt, wenn wieder einer im Kiesbett die Steine neu sortiert.

Wertvoll – aber nicht ganz günstig

Erfahrung in der IDM, der Endurance-WM und sogar in der MotoGP hat Damian Cudlin, der 30 Jahre alte Australier, der derzeit in Deutschland lebt, aber den jeder Motorradrennstreckenfreak in Österreich kennt. Er ist verdammt schnell, schmerzbefreit und spricht vorwiegend Englisch. Damo, wie er gerufen wird, arbeitet mit Videoanalyse und hilft gerne auch bei Fahrwerkseinstellungen.

Wie Roland Resch bietet auch er Racing-Coachings für jeden an – in kleinen Gruppen, oder – um 795 Euro – einen Tag mit ihm allein auf der Rennstrecke. Etwa den gleichen Betrag, 790 Euro, kostet bei Roland Resch das Gruppenringtraining. Dort ist dann aber bereits die Verpflegung inklusive. Das Einzeltraining kommt bei Resch, inklusive Verpflegung und Ringgebühr, auf 1800 Euro. Das ist schon ordentlich viel Geld für ein paar Sekunden. (Guido Gluschitsch, Rondomobil, 20.6.2015)