Für alle Leserinnen, die vom Leben als Kitschroman träumen, eines gleich vorweg: Schlossherr Dietmar Müller-Elmau ist schon vergeben. Sechs Kinder hat er auch. In diesen Tagen allerdings bekommt seine Familie von ihm nicht viel mit. Denn morgen, Sonntag, treffen die Teilnehmer des G7-Gipfels in seinem Schloss Elmau unweit der bayerisch-österreichischen Grenze ein. Der 60-Jährige wird Angela Merkel sowie Barack Obama die Hand schütteln und im Stillen triumphieren. Er versteht sein nobles Refugium als Ort der Begegnung, wo man abseits von Hektik und Trubel, in einem Naturparadies mit viel Komfort, Gedanken austauscht, um die Welt zu verbessern.

Doch bis dahin war es für Müller- Elmau ein weiter Weg. Es gab Zeiten, da hat er sein Schloss gehasst. Entkommen kann er ihm dennoch nicht. 1954 wird er dort im Zimmer 54 geboren, auch in seiner Generation sind es sechs Geschwister. Dietmar Müller- Elmau ist der Rebellischste.

Er hält das Leben auf dem von seinem Großvater 1914 bis 1916 erbauten Schloss kaum aus. Es ist - von der Tanzveranstaltung bis zu den Vorträgen - alles geregelt, an diesem Hort "asketischer deutscher Innerlichkeit", wie er es einmal beschrieben hat. Bei Konzerten darf nicht geklatscht werden.

Der junge Dietmar lehnt sich zuerst pubertär auf, dreht bei einem Vortrag die Sicherungen raus, Licht und Mikrofon fallen aus. Mit 18 haut er ab, reist durch die Welt, studiert in München und den USA BWL, Philosophie, Theologie und Computer Sciences.

Er gründet eine Firma für Hotelsoftware, verkauft sie wieder und steckt das Geld doch ins Hotel. Als sein Onkel stirbt, übernimmt Müller-Elmau 1997 das Schloss, das längst als Hotel geführt wird. Er baut ein wenig um, sorgt für einen Indoorpool und ist dennoch nicht zufrieden.

Zur Chance wird für ihn der Großbrand von 2005, der zwei Flügel und zwei Drittel der Zimmer zerstört. Ausgerechnet im Zimmer des Onkels hatte sich eine Heizdecke entzündet. Müller-Elmau jedoch nennt das Feuer ein "Geschenk des Himmels".

Danach erfüllt er sich seinen Traum, reißt Mauern ein, entkernt, lüftet durch und erschafft sein Luxushotel mit viel Platz und Komfort. Regelmäßig lädt er zu politischen Gesprächen und philosophischen Debatten. Und wenn es jetzt Konzerte auf Schloss Elmau gibt, dann ist Applaus ausdrücklich erwünscht. (Birgit Baumann, 6.6.2015)