Es war ein Bild mit Symbolcharakter: FPÖ-Anhänger marschierten auf und begrüßten in Wien-Erdberg Flüchtlingsfamilien mit Schildern: "Nein zu Asylantenheim!"

Hier weinende Kinder, dort trutzige Funktionäre. Das war bedrohlich und eine Situation zum Schämen, die Assoziationen mit der NS-Zeit auslöste.

Dieses Bild hätte für Sozialdemokraten abschreckender wirken können als zwei Parteitagsbeschlüsse, die klar festlegen, es dürfe "keine Koalition mit der rechtspopulistischen FPÖ" geben - und zwar, 2014 bekräftigt, "auf allen politischen Ebenen". Dazu gehörte auch das Burgenland.

Aber es war kein Bild, das für Sozialdemokraten so abschreckend war, dass sie sich fragen, ob sie mit so einer Partei, die sogar vor Kindern mit ihrer angstmachenden Kampagne nicht zurückschreckt, eine Koalition eingehen wollen; die in den Wahlkämpfen mit Antiausländerparolen bewusst Ressentiments schürte gegen "Asylanten" und Pendler aus EU-Nachbarstaaten.

Just an diesem Tag präsentierte Johanna Mikl-Leitner ihren Plan, rund ein Viertel der Asylwerber abschieben zu wollen. Es handelt sich dabei um Flüchtlinge, die in einem anderen EU-Land ihre ersten Anträge gestellt haben. Rein rechtlich kann sie das machen. Aber das Problem ist seit Monaten bekannt. Dass sie jetzt diese Menschen in Flugzeuge packen und außer Landes bringen will, hängt mit den Wahlen zusammen. Mit ihrem Aktionismus will die ÖVP-Politikerin zeigen, ich habe alles im Griff - auch wenn das Gegenteil der Fall ist. Sie stellt auch gleich den Landeshauptleuten ein Ultimatum und lässt weitere Zelte aufstellen - auch im Erstaufnahmezentrum Traiskirchen.

SPÖ und ÖVP signalisieren mit ihren Handlungen: Wir rücken nach rechts, jetzt erst recht. Das ist die Konsequenz aus den Landtagswahlen in der Steiermark und dem Burgenland. Nebenbei werden Parteitagsbeschlüsse und persönliche Versprechungen gebrochen. Denn Franz Voves hat sich klar festgelegt, wenn die SPÖ in der Steiermark unter 30 Prozent rutscht, dann tritt er zurück. Aber was kümmert Herrn Voves sein Geschwätz von gestern?

Dazu passt, dass SPÖ-Bundesgeschäftsführer Norbert Darabos verkündet, er habe "kein Problem" mit Rot-Blau in seinem Heimatbundesland Burgenland. Dann fragt man sich, wozu überhaupt Beschlüsse in einer Partei getroffen werden. Das ist ein Wort- und Tabubruch, der noch dazu schöngeredet wird. Dass sich Darabos wie ein Fähnchen im pannonischen Wind dreht, mag damit zu tun haben, dass er sich Hoffnung auf einen Sitz in der burgenländischen Landesregierung macht. Darabos baut in eigener Sache schon einmal vor.

Wieder einmal ist Kanzler Werner Faymann desavouiert. Obwohl er SPÖ-Chef ist, hat er nicht genügend Mumm, auf die Einhaltung von Parteitagsbeschlüssen zu pochen - auf allen Ebenen. So blieb nur das Flehen der Wiener Genossen, kein Bündnis mit den Blauen einzugehen. Die steirische ÖVP wiederum liebäugelt damit, die vor der Wahl versprochene Reformpartnerschaft mit der SPÖ aufzukündigen und mit der FPÖ zu koalieren - quasi als Revanche.

Dass sich Funktionäre und Wähler verraten fühlen, ist kein Wunder. Es ist auch kein Wunder, dass Wahlen so ausgehen, wie sie gerade ausgegangen sind. ÖVP und SPÖ versuchen, die FPÖ in ihrem Kernanliegen rechts zu überholen. Das kann die FPÖ immer noch besser - jetzt erst recht. (Alexandra Föderl-Schmid, 6.6.2015)