Bei "Almirante" wird jeder zum Admiral.

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Studierende der TU München sorgen mit ihrer Gyrobox dafür, dass Fahrräder nicht mehr umfallen.

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Sequioa und Lisa hält es nicht in Österreich. Sie gehen ins Silicon Valley.

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Wien – Spannung liegt in der Luft. Nervös laufen die Veranstalter in ihren schwarzen T-Shirts hin und her. Einige Gäste sind schon hier, nutzen die Zeit, um Kontakte zu schließen, und machen sich über das Frühstücksbuffet her. Die letzten Stände werden noch aufgebaut. Zwei, die schon voll bei der Sache sind, sind João und Carola. João kommt aus Portugal und ist in Wien, um sein Spiel "Almirante", portugiesisch für Admiral, vorzustellen. Das Brettspiel gibt es schon auf Portugiesisch und Englisch. Jetzt will João Mittel sammeln, um es auch auf Deutsch herauszubringen. Carola unterstützt ihn dabei.

Wir befinden uns auf der Entrepreneurship Avenue 2015 auf dem Campus der Wirtschaftsuniversität Wien (WU). Zum zweiten Mal findet sie dieses Jahr statt. Am Ende des Tages werden sich die Veranstalter über 750 Teilnehmer freuen dürfen. Damit ist sie die größte Start-up-Konferenz für Studierende in ganz Europa.

Mr. Start-up und sein Traum

Es ist eine bunte Menge, die an diesem Freitag in der WU zusammenkommt. Anzüge, Polos und simple T-Shirts sind alle vertreten. Kurz nach halb zehn werden dann die offiziellen Willkommensworte an die Teilnehmer gerichtet. Durch die Konferenz werden sie von Daniel Cronin geführt. Cronin ist nicht nur passionierter Redner, sondern auch Mitgründer von AustrianStartups, einer Anlauf- und Vernetzungsstelle für die heimische Start-up-Szene.

Die Stimmung im Zeremoniensaal der WU soll hip und gelassen sein. Elektronische Beats begleiten die Auf- und Abgänge der verschiedenen Redner. Motivierende Worte zu Beginn kommen unter anderem von Staatssekretär Harald Mahrer. Er ist die politische Figur in der Start-up-Szene. Nicht ohne Grund trägt er den Spitznamen Mr. Start-up. Seine Ambitionen macht er in seiner Rede deutlich: Wien solle in den kommenden Jahren zum Start-up-Hub Nummer eins in Europa werden. Das sind große Worte, und die Szene ist ihm dafür dankbar. Endlich gebe es jemanden, der sich auch auf Bundesebene in dem Bereich starkmache und sich hier engagiere, so der Tenor der Anwesenden.

Als Beobachter spürt man, dass sich hier etwas bewegt. In der Gründerszene in Wien brodelt es. Viel junge Energie wartet darauf, losgelassen zu werden. Eine, die den Schritt ins Unternehmertum schon gewagt hat, ist Theresa Steininger. Sie ist Geschäftsführerin des Start-ups Wohnwagon, das gleichzeitig auch das erste erfolgreiche Crowdinvestment-Projekt Österreichs ist. Mithilfe von Biotoilette, Photovoltaik und Co baut das Unternehmen unabhängige Wohneinheiten zwischen 18 und 33 Quadratmetern aus natürlichen Baustoffen wie Holz und Lehmputz. Wohnen, reduziert auf das Wesentliche. "Autarkie und Reduktion müssen sexy werden", so Steininger.

Netzwerke und Motivation

Ziel der Konferenz sei es, Studierende zu motivieren zu gründen, ihnen Selbstvertrauen zu geben, sie zu vernetzen und ihnen zu zeigen, welche Möglichkeiten es gebe, erläutert Rudolf Dömötör, einer der Veranstalter und Direktor des Entrepreneurship Center Network. "Wien boomt", so Dömötör, "und durch die politische Unterstützung kommt das Ganze auch an die Öffentlichkeit. Gründen ist zurzeit sehr angesagt unter WU-Studierenden. Die Mentalität an der Technischen Universität und an der Universität für Bodenkultur ist noch etwas anders, aber das wollen wir ändern." Und die Konferenz scheint der passende Ort hierfür zu sein. Studierende von über zehn Universitäten tummeln sich auf der Konferenz. Bei der Frage von Cronin ins Publikum, wer denn aller hier in den nächsten Jahren gerne ein Unternehmen gründen würde, gehen fast alle Hände in die Höhe.

Die erste Keynote an diesem Tag bringt da gleich den nächsten Motivationsschub. Gehalten wird sie von André Schwämmlein, Geschäftsführer und Gründer von MeinFernbus Flixbus. Vor drei Jahren standen er und sein Team mit einer Powerpoint-Präsentation und einer Idee da. Heute dominiert sein Unternehmen den deutschen Fernbusmarkt und expandiert weiter. Man dürfe sich nicht von den großen Platzhirschen einschüchtern lassen, so Schwämmlein. "Warum Start-ups gewinnen? Weil wir dynamischer und innovativer sind."

Der Weg ist noch weit

Gebremst wird der Optimismus bei einer der Podiumsdiskussionen. "In den letzten vier, fünf Jahren ist in Österreich viel passiert. Aber es gibt einen internationalen Kampf um Start-ups, und Wien ist hier einfach noch nicht auf der Landkarte eingezeichnet. Zurzeit würde ich Wien drei von zehn Punkten geben. Wir sind auf einem guten Weg, aber noch lange nicht am Ziel", sagt Andreas Tschas, Mitgründer und CEO von Pioneers. Auch Maximilian Tayenthal, der in Wien studierte, dann aber nach Berlin ging, um dort den Finanzdienstleister Number26 zu gründen, merkt an, dass es in Wien noch einiges zu tun gebe. Es fehle an großem Kapital und Talent, so Tayenthal.

Auch bei manchen Studierenden überwiegt der Unmut, wenn es um die heimische Start-up-Szene geht. So zum Beispiel bei Sequioa und Lisa. Das Land sei zu konservativ, überbürokratisiert, und die Strukturen seien zu starr, beklagen beide. Bewegung sei zwar auszumachen, aber für das angehende Unternehmerduo steht fest, dass es sein Glück im Silicon Valley suchen wird (Andreas Maschke, 5.6.2015)