Opel baut mit dem Karl sein beachtliches Kleinwagenangebot nach unten aus. Und zeigt, dass es auch auf 3,68 m Kürze lustig zugehen kann. Eine Kampfansage an Smart, VW up! und Co.

Roms Kaiserreich hub mit Augustus an und endete mit Romulus Augustulus; beachten Sie das hübsche Diminutiv. Das karolingisch-fränkische Kaiserreich, Wegbereiter Deutschlands und Frankreichs, hub mit Karl dem Großen an, nun schickt Opel zum nur leicht verspäteten Gedenken an dessen 1200. Todestag (814) Karl den Kleinen auf den Markt. Er soll in Deutschland, Frankreich und allen anderen Ländern, die einst zu seinem Reiche zählten (und darüber hinaus) Kunden finden, die wohl zuallermeist Kundinnen sein werden.

Foto: Opel

Der Herr Karl ist quasi in karolingischer Minuskel geschrieben – und natürlich in Wahrheit eine Reminiszenz an die Firmenhistorie. Karl Opel, ältester Sohn des Firmengründers Adam Opel, war es, der 1899 aus der bisherigen Radmanufaktur einen Automobilhersteller machte. Große Väter, kleine Söhne: Wie man sieht, schmückt also der traditionsreiche Automobilkonfektionär kleine Autos mit großen Namen - der Lifestyle-Winzling Adam (3,70 m lang) machte 2012 den Anfang, würdeloserweise sprechen ihn die Opelianer Ädäm aus, nun kommt der noch kompaktere Karl hinzu.

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Aus 3,68_m Kürze holt er Erstaunliches heraus. So sitzt man etwa auch hinten noch durchaus menschenrechtskonform, man kriegt sogar die Zehen unter die Vordersitze. Anders als Corsa und Adam, mit denen der fünftürige Karl das Opel-Einstiegstrio bildet, steht der unprätentiöse Stadtflitzer auf einer komplett neuen GM-Plattform, und auch der Motor - "der", weil nur dieses einzige Aggregat zur Auswahl steht - ist brandneu, nämlich abgeleitet vom Einliter-Turbo, der im (nur dreitürigen) Adam zum Einsatz kommt.

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Den Turbo haben sie ihm also abmontiert, für 75 PS ist das dennoch ein erstaunlich munteres Kerlchen, jedenfalls im unteren, städtischen Tempobereich. Und als wir ihn durchs flache Holland trugen, Amsterdam, Zandvoort, Volendam, Edam, Wormerveer, ergab sich ein Durchschnittsverbrauch von 5,7 l / 100 km - erträglich, aber (wie bei eigentlich der gesamten Kleinstwagenkonkurrenz) kein Ruhmeswert.

Es gibt den Karl als 4- und 5-Sitzer, Letzterer unterscheide sich von Ersterem durch eine Kopfstütze mehr, erläuterte Opel-Austria-Chef Alexander Struckl, und es ist das Interieur fraglos sauber verarbeitet, den Materialen sieht man aber den Sparstift an, auch das klassenüblich, wie sonst sollte sich ein Kampfeinstiegspreis von 8990 Euro ausgehen. Scheint die Sonne oben auf das Armaturenbretthartplastik, glänzt dieses in der Sonne, als wäre ein dienstbeflissener Koreaner noch schnell mit der Speckschwarte drübergegangen.

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Koreaner? Ach ja, das Auto wird in Korea gebaut. Es kümmere heute doch keinen Menschen mehr, wo so was gefertigt werde, argumentiert Struckl. Hm. Wozu gibt man dem Auto dann den Namen Karl, wozu pocht Opel in seiner Werbelinie so auf seine deutschen Wurzeln und Qualitäten, spielt so offensiv die deutsche Karte, wenn das eh wurscht ist?

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Für sich betrachtet ist der Karl ein opeltypisch designter Kleinstwagen, mit Babyface und unerwartet reifem Auftritt. Da zählt auch die Ausstattung mit dazu: ABS, ESP, Berganfahrassistent, City-Modus, Tempomat, Spurhalteassist, Lenkradheizung, alles da. Und praktisch ist er auch noch, mit seinen vielen Ablagen. (Andreas Stockinger, 4.6.2015)

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Hinweis im Sinne der redaktionellen Leitlinien: Die Teilnahme an internationalen Fahrzeug- und Technikpräsentationen erfolgt großteils auf Basis von Einladungen seitens der Automobilimporteure oder Hersteller. Diese stellen auch die hier zur Besprechung kommenden Testfahrzeuge zur Verfügung.

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