Wien - Dass Politiker die Farben wechseln, ist in Österreich nichts Neues. Und gerade das Team Stronach hat ordentlich Erfahrung damit. Trotzdem erlebt Franks Truppe im Nationalrat gerade ein Deja vu der etwas anderen Art. Denn erstmals fischt nicht sie in fremden Gewässern, sondern verliert selbst zwei Mitglieder an eine andere Fraktion.

Vor der Nationalratswahl 2013 war Frank Stronach regelrecht auf Abgeordnetenjagd in den Rängen des Nationalratssitzungssaals gegangen. Er holte fünf ehemalige BZÖler - die allerdings teils schon zuvor "wilde" Mandatare gewesen waren - an Bord: Robert Lugar, Erich Tadler, Christoph Hagen, Elisabeth Kaufmann-Bruckberger, Martina Schenk und Stefan Markowitz (alle Ex-BZÖ) sowie Gerhard Köfer (ehemals SPÖ). Von der ÖVP wechselte, entgegen entsprechender Andeutungen, damals niemand.

Aufsehen in Wien

Zumindest nicht im Nationalrat, denn in der Wiener Volkspartei wurde man sehr wohl fündig und holte sich Jessi Lintl, mittlerweile auch im Parlament. Und Leo Steinbichler war für die ÖVP einst im Bundesrat und sitzt nun für die Stronachs im Nationalrat. Hans Mayr, Stronach-Landesrat in Salzburg, war in Goldegg Bürgermeister auf einer ÖVP-Liste. Aktuell verfügt der Klub des Austro-Kanadiers mit Schenk, Hagen und Lugar sogar über drei Mandatare, die nunmehr drei Parteien dienten, nämlich zuvor FPÖ und BZÖ. In Kärnten wechselte Karl Markut von der SPÖ - für die er dort einst Klubomann war - zum Stronach-Team und ist dessen einziger Bürgermeister (in St. Georgen im Lavanttal).

Zuletzt für Aufsehen sorgte ein Farbwechsel in Wien. Senol Akkilic wechselte im dortigen Rathaus von Grün zu Rot und wurde Zünglein an der Waage im Wahlrechtsstreit. Die Hauptstadt-Grünen sind derlei Kummer insofern gewohnt, als ihnen 2005 Günther Kenesei in Richtung ÖVP abhandenkam und 2010 Stefan Schennach zu den Roten wechselte.

Einen Spezialfall stellt der vormalige ÖVP-Mandatar Wolfgang Aigner dar. Er hat die Wiener Volkspartei verlassen und kooperiert seither mit den Freiheitlichen, ist aber nicht Mitglied von deren Klub. Ähnliches geht im Kärntner Landtag vor, wo Siegfried Schalli (hauptsächlich aus privaten Gründen) das Team Stronach verlassen hat und nun auf die Infrastruktur der FPÖ zurückgreifen kann. Dass er nicht in den blauen Klub kam, hat allerdings einzig als Grund, dass dies die Geschäftsordnung nicht erlaubt.

In Tirol machte sich Fritz Dinkhauser, langjähriger ÖVP-Arbeitnehmervertreter, mit seiner eigenen Liste Fritz selbstständig. Seit der vergangenen Wahl gibt es dort eine neue schwarze Abspaltung, "Vorwärts Tirol", die sich mittlerweile freilich gleich noch einmal gespalten hat. Das Ursprungsprojekt unterstützt wurde jedenfalls von einer prominenten Ex-ÖVP-Landesrätin, nämlich Anna Hosp, sowie von einem früheren SPÖ-Landesrat Hans Lindenberger.

Richard Lugner holte für sein letztlich gescheitertes Projekt "DU" einige freiheitliche Nationalratsabgeordnete ins Boot, unter anderem Heinz Anton Marolt, Vater der medial gehypten "Dschungelcamperin" Larissa Marolt.

Ungewöhnlich war ein Wechsel in der Kärntner Gemeinde Rosegg. Die ehemalige FPÖ-Gemeinderätin Theresia Kleinberger kandidierte zuletzt für die Grünen. Auch die NEOS wurden im freiheitlichen Lager fündig. Der Wolfsberger Gemeinderat Heinz Hochegger trat für die Pinken an und bescherte denen in der Bezirkshauptstadt landesweit ihr bestes Ergebnis.

Der wohl aller-prominenteste Wechsel der jüngeren Vergangenheit betraf Karl-Heinz Grasser. Gemeinsam mit Susanne Riess-Passer und Peter Westenthaler gerade im Streit aus der FPÖ geschieden, ließ sich der damalige Finanzminister 2002 von der ÖVP als Lokomotive für den Wahlkampf einspannen und konnte dank ihr sein Amt auch sichern. Parteimitglied war Grasser in der ÖVP freilich nie, worauf auch heute seitens der Volkspartei gerne gepocht wird. (APA, 3.6.2015)