Wien - Ein ungewöhnlicher Fall ereignete sich laut einem Bericht des Ö1-Morgenjournals in der Justizanstalt Wien-Josefstadt: Ein wegen Mordversuchs angeklagter und in U-Haft genommener Mann wurde mit seinem vermutlichen Opfer in eine gemeinsame Zelle gesperrt. Sechs Wochen lang verbrachten der 28-Jährige Verdächtige und der 24-jährige, dem bei der Tat in einer Wiener Pizzeria im April 2014 ein Messer in den Bauch gerammt worden sein soll, mit anderen Insassen in demselben Haftraum.

Der Gefängnisleitung waren die Umstände offenbar nicht bekannt; auch der 24-Jährige, der später unabhängig von der bewaffneten Auseinandersetzung wegen eines kleineren Delikts festgenommen worden war, machte die Justizwache anfangs nicht auf die Konstellation aufmerksam. Möglicherweise habe es Verständnisschwierigkeiten gegeben, sagte der Rechtsvertreter des Opfers, Zlatko Petronijevic.

Einmal in tausend Jahren

Der 24-Jährige habe Angst vor seinem Mithäftling gehabt, zudem sei die Angelegenheit der Wahrheitsfindung abträglich gewesen, da sich die beiden aus Nordafrika stammenden Männer gegenseitig beeinflussen hätten können, so Petronijevic.

"So etwas passiert einmal in tausend Jahren", wird ein Sprecher der Justizanstalt in dem Bericht zitiert. Zwar würden die Daten von Tätern automatisiert abgeglichen, damit etwaige Komplizen nicht in eine gemeinsame Zelle kommen. Zwischen Täter- und Opferdaten gebe es aber keine Verknüpfung, heißt es aus der Gefängnisleitung.

Peter Prechtl, Leiter der Vollzugsdirektion, sprach gegenüber der APA von einem "unerfreulichen" Vorfall, "zum Glück ist nichts passiert". Der Prozess endete Ende Mai mit einem Freispruch. (red, 2.6.2015)