Dieser Tage im Silicon Valley, auf dem Google-Campus in Mountain View, Kalifornien: Wer dort nach dem Verhältnis des Internetkonzerns zu den US-Nachrichtendiensten fragt, bekommt bestenfalls eine schmallippig formulierte Standardantwort zu hören. Man kooperiere mit der US-Regierung, so wie die Gesetze dies vorsähen, heißt es. Ende der Debatte.

Seit Sonntag sind drei dieser Antiterrorgesetze - die Erlaubnis, suspekte "einsame Wölfe" abzuhören; die Erlaubnis, Verdächtige zu überwachen, die ihre Telefone wechseln; und die Regelungen, die Unternehmen wie Google dazu verpflichten, Daten an die Behörden weiterzugeben - aufgehoben. Manche beurteilen diesen Umstand als "einen außergewöhnlichen Moment in der Geschichte der Spannungen zwischen der Politik nach 9/11 und dem Recht auf Privatsphäre" (New York Times). Die meisten Beobachter aber sehen keinen grundlegenden Wandel im Umgang Washingtons mit staatlicher Massenüberwachung.

Für die zweite These spricht vor allem der Umstand, wie das Auslaufen dieser Gesetze zustande kam: Der republikanische Senator und Präsidentschaftsbewerber Rand Paul verhinderte deren Verlängerung nicht etwa, weil er sich für das Recht auf Privatsphäre einsetzen wollte, sondern weil er als Libertärer die meisten Befugnisse des Staates ablehnt - ob es dabei um die NSA geht oder um die Gurtenpflicht in Pkws, ist unter seinen Gesinnungsgenossen einerlei.

Außerdem sagt selbst der offensiv wahlwerbende Paul, dass die Nachfolgeregelung bereits im Werden sei und mit höchster Wahrscheinlichkeit definitiv beschlossen werde. Der "USA Freedom Act" jedoch nimmt die überbordenden Befugnisse der behördlichen Späher nur bedingt zurück. Die meisten Kritiker - von den Bürgerrechtsbewegungen bis zu Whistleblowern, die zum Teil jahrzehntelang für einen der Geheimdienste gearbeitet haben - sehen darin nur eine veränderte Manifestation des Status quo. Bill Binney, der talentierteste Codeknacker der CIA in Zeiten des Kalten Krieges und inzwischen deren massivster Kritiker (auch in einem STANDARD-Interview), fragte zum Freedom Act schlicht: "Warum glauben Sie denn, dass die NSA diesen unterstützt?" Viel Lärm um nichts also.

Und nebenbei sei noch erwähnt: Die Debatte ist eine rein amerikanische. Im Ausland dürfen die US-Dienste ohnehin alles, was sie wollen. Das kratzt in Washington niemanden, nicht einmal die Libertären. (Christoph Prantner, 1.6.2015)