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Weg mit dem Dreck: An Waschritualen scheiden sich die Geister und unterscheiden sich Menschentypen. Morgenduscher verstehen Vollbader nicht und Auqaphobiker finden alles übertrieben.

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Es gibt Dinge, die kann ich mir nicht einmal vorstellen. Zum Beispiel: Ohne Duschen ins Bett gehen. Ich denke das so: Den ganzen Tag sammelt sich von außen Dreck am eigenen Körper an. Einmal ganz abgesehen vom Staub auf der Haut, auch der ganze Schweiß des Tages. Je heißer, umso mehr. Dreck ist allerdings durchaus auch psychisch gemeint. Es gibt einfach nichts Besseres, als vor dem Zubettgehen alles Schlechte und Stinkige abzuspülen.

Deshalb auch Duschbad. Es muss gar nicht schäumen, sondern nur der Nase gefallen. Die Marke meiner Jugend "Roger & Gallet" zum Beispiel lässt richtig gute Parfumeure an die Duschgels ran. Oder Annemarie Börlind, Aveda oder Weleda. Alles ziemlich dufte Produkte.

Weg mit dem Dreck

Auch die Mainstream-Liga aus dem Drogeriemarkt ist eigentlich okay. Manchmal ein wenig zu aggressiv im Geruch vielleicht, dafür hat Nivea duschen und eincremen in einem Produkt vereint. Das ist praktisch.

Jedenfalls: Wenn ich unter der Dusche stehe, ist alles wieder gut. Fließendes Wasser spült nicht nur Dreck sondern auch Sorgen weg. Abends nicht duschen ist deshalb einfach ganz unmöglich. Ist mir nur ein oder zwei Mal in den letzten zehn Jahren passiert. In einem Hotel, in dem es kein Wasser gab.

Morgens war mir das aber übrigens egal. Ich bin Abendduscherin und verstehe die Morgenduscherfraktion nicht. In vielerlei Hinsicht. Erstens: Wie kann man dreckig ins Bett gehen? Ist mir ein Rätsel. Zweitens: Mein Bett ist kein schmutziger Ort. Wenn ich aufstehe, hätte ich nicht das Bedürfnis, die wohlige Wärme durch Nässe zu vertreiben. Und drittens: Dass man morgens Wasser braucht, "um aufzuwachen", ist mir total abartig. Wozu? Wach ist doch wach, oder?

Nahezu masochistisch erscheint mir heiß-kaltes Wechselduschen. Obwohl es gesund ist und den Kreislauf trainiert, kann ich nichts machen: In dieser Leistungsgruppen will und kann ich nicht mitspielen. Ich würde ja auch nicht wollen, dass mich jemand ein Mal am Tag erschreckt.

Abtauchen statt Berieseln

Allerdings bin ich genauso wenig eine Anhängerin der Vollbad-Fraktion. Jene Menschen, die ihren Körper lieber komplett eintauchen anstatt sich nur Wasser drüber laufen zu lassen, sind eine Klasse für sich. Meist Frauen, weiß ich aus Erzählungen. Ich kenne einige, die baden sogar zwei Mal am Tag. Es sind Menschen, die in ihrem früheren Leben wahrscheinlich Schildkröten waren.

Wenn Schildkröten aus ihrem Winterschlaf erwachen, brauchen sie erst einmal ein Bad, um sich mit Leben vollzupumpen. Aber Schildkröten sind eben nicht einmal Säugetiere. Insofern ist Baden aus meiner Sicht höchstens im eiskalten Winter eine Option. Denn: Wer aus dem warmen Wasser raus ins kühle Leben muss, macht es sich selbst noch ein bisschen schwerer.

Wer lange genug in der Wanne war, bekommt noch dazu trockene Haut und Ekzeme zum Beispiel, die bei zu viel Baden einfach ganz von selbst entstehen.

Wie Katzen waschen

Für all jene heißt es dann plötzlich Katzenwäsche: Ein Mal am Tag eher wasserunintensiv waschen: Dagegen ist absolut nichts einzuwenden. Zur Diskussion steht lediglich, ob mit Waschlappen oder ohne. Ich komme sehr gut mit Seife alleine aus. Und finde das auch hygienischer.

Abseits des Sauberkeitsgedankens sind harmonierende Wasch- und Badegewohnheiten allerdings oft Basis für harmonisches Zusammenleben. In der Wohngemeinschaft und in Beziehungen gleichermaßen.

Stinkig ins Bett? (Bäh!) Komm zu mir in die Wanne? (Oh Gott, hab grad gar keine Lust) Morgens duschen und alles nassspritzen? (Zum hundertsten mal, es muss doch echt nicht sein?) Solche Auffassungsunterschiede können zwischenmenschlich Positives belasten und ganz subtil gute Beziehungen aufweichen. Und wer will sie schon, die dreckigen Auseinandersetzungen. (Karin Pollack, 2.6.2015)