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Um nach dem Ebola-Ausbruch auf künftige Epidemien besser reagieren zu können, will Angela Merkel eine internationale Weißhelm-Truppe lancieren.

Foto: AP Photo/Wong Maye-E

G-7-Präsidentschaften neigen immer dazu, Vorlieben der jeweils Regierenden auf die Agenda zu setzen. Aber dass die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel das Thema Gesundheit 2015 zu einem zentralen Teil des Gipfels der großen westlichen Industrieländer am 7. und 8. Juni im bayerischen Elmau macht, ist aus Sicht der Bundesregierung "alternativlos".

Internationale Weißhelm-Truppe

Denn die Ebola-Epidemie in Westafrika 2014 hätte gezeigt, wie gravierend das Thema ist. In einer globalisierten Welt, so mahnte Merkel als Gastgeberin des G-7-Gipfels nachdrücklich, ist die Krankheit des einen schnell das Gesundheitsproblem aller anderen. Also müssen alle umdenken, Staat und Wirtschaft.

Deshalb hat sich die Bundesregierung gleich drei medizinische Großthemen auf die G-7-Agenda geschrieben: die Vorsorge vor einer neuen Pandemie, das Thema Antibiotika und die Erforschung seltener Tropenkrankheiten.

Der Ausbruch des Ebola-Fiebers in Liberia, Sierra Leone und Guinea hat nicht nur großes Leid über die Bevölkerung der westafrikanischen Staaten gebracht. Er hat die Welt auch schockiert. Denn schnell wurde offensichtlich, dass die Weltgesundheitsbehörde (WHO) nicht in der Lage war, schnell zu reagieren. Es fehlte zudem an schnell einsatzfähigem medizinischen Personal und Medikamenten.

Ebola breitete sich auch nach Europa und in die USA aus. Ein Vorschlag der Bundesregierung lautet deshalb, eine internationale Weißhelm-Truppe aufzubauen. So wie UN-Blauhelme zur Konfliktlösung bereitstehen, müsse nun ein Pool internationaler Gesundheitsexperten aufgebaut werden. Das hat gravierende Folgen auch für die nationalen Gesundheitssysteme und kostet Geld.

Antibiotika verbessern

Zweitens will Merkel die Erforschung neuer Antibiotika und das Umdenken im Einsatz der Medikamente forcieren. Warum, das machte Gesundheitsminister Hermann Gröhe mit einem drastischen Vergleich deutlich: "Der weltweite Anstieg von Antibiotika-Resistenzen hat ein ähnlich verheerendes Potenzial wie der Klimawandel", sagte er im Reuters-Interview.

Wie komplex die Aufgabe ist, machte Bayer-Chef Marijn Dekkers vor kurzem deutlich. Er forderte einen multinationalen Fonds, um die milliardenschwere Entwicklung neuer Antibiotika zu finanzieren. Der Bayer-Chef schlägt dabei eine Auftragsforschung vor, bei der Staaten die Entwicklung bestellen und zahlen, aber Pharmakonzerne die Forschung leisten.

Weil das Thema "ausschlaggebende Bedeutung für die Menschheit" habe, mahnt auch Merkel Fortschritte an. Der Menschheit drohe sonst der Rückfall in das Vor-Penicillin-Zeitalter. Warnzeichen gibt es schon heute, weil immer mehr Menschen an multiplen Krankenhauskeimen sterben, gegen die keine Medikamente mehr helfen. Laut WHO sterben jedes Jahr weltweit rund 700.000 Menschen an den Folgen einer Resistenz.

Aber neben der Pharmaindustrie müssen hier auch andere Akteure mit an den Tisch. Dazu gehören Mediziner, die Antibiotika oft exzessiv verschreiben, und die Landwirtschaft. "Tiere und Menschen werden oft von demselben Krankheitserreger infiziert und mit denselben Antibiotika behandelt. Human- und Tiermedizin müssen deshalb gemeinsam in den Blick genommen werden", sagte Gröhe. Das Zauberwort heißt "One-Health".

Tropenkrankheiten bekämpfen

Den dritten Schwerpunkt hat Merkel einerseits wegen der schieren Größenordnung, zum anderen aber auch mit Blick auf ein besseres Verhältnis zwischen Industrie- und Entwicklungsländern auf das G-7-Programm gesetzt – den verstärkten Kampf gegen armutsbedingte und vernachlässigte Tropenkrankheiten ohne Pandemie-Gefahr. Nach Schätzung von Experten sind rund 1,4 Milliarden Menschen weltweit von Erkrankungen wie Polio, Tuberkulose oder Malaria betroffen.

Hier hat Merkel in drastischen Worten kritisiert, dass ein "Marktversagen" vorliegt und sich damit der Kritik vieler Entwicklungshilfe-Organisationen wie der Gates-Stiftung angeschlossen. Denn der Kampf gegen diese Krankheiten könnte viel effektiver sein, wenn die westlichen Pharmakonzerne mehr Geld in die Erforschung dieser Bereiche pumpen würden. Das tun sie aber nicht, weil die Renditen angesichts der Kaufkraft in den betroffenen Ländern gering ist.

Auch hier soll es eine neue Kooperation der Politik mit den Konzernen geben. Ideen sind auch hier ein multinationaler Milliardenfonds oder nationale Zuschüsse zu Forschungsprogrammen. Die Pharmaindustrie selbst hat Medikamentenspenden gegen Tropenkrankheiten zugesagt, es muss aber auch der Transport und die Verteilung sichergestellt werden.

Nur eines hat Merkel schon abmoderiert: Die Forderung von NGOs, man solle den Patentschutz verkürzen, damit vorhandene Medikamente billiger in Entwicklungsländern eingesetzt werden können. Dies würde nur das Interesse der Konzerne an der Entwicklung neuer Medikamente bremsen, warnt sie. (APA/Reuters, 1.6.2015)