Asylwerber im Info-Point des Lagers Traiskirchen - das Foto stammt aus dem Jahr 2011. Inzwischen herrschen im Erstaufnahmezentrum überall große Enge und Platznot.

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Wien - Auch abseits der zunehmenden Zahl von Notzelten nimmt der Mangel an Flüchtlingsquartieren immer dramatischere Formen an. Seit Tagen macht er sich etwa ganz akut im Erstaufnahmezentrum Traiskirchen bemerkbar.

Dort sollten laut einer Vereinbarung zwischen Innenministerium und Land höchstens 480 Schutzsuchende untergebracht sein - doch das ist nichts als ein frommer Wunsch. Im Lager leben derzeit rund 2200 Menschen: 1820, die dort ein Asylquartier haben, unter ihnen rund 1000 alleinreisende Minderjährige. Sowie eine stark fluktuierende Gruppe von mehr als 300 Neuankömmlingen in der allerersten Überprüfungsphase ihres Asylantrags.

Nur auf einer Decke

Sie schlafen in eng belegten Zimmern und Sälen, die meisten zwar in Betten, aber viele auch auf am Boden ausgelegten Matratzen - und etliche von ihnen nicht einmal auf solchen: Neuankömmlinge seien gezwungen, sich über Nacht nur auf einer Decke niederzulassen, schildert die grüne Menschenrechtssprecherin Alev Korun.

Vergangenen Donnerstag war Korun nach Traiskirchen gefahren und hatte sich vor dem Flüchtlingslager mit Insassen unterhalten. Ein 16-jähriger Bursch aus Afghanistan, der unbegleitet, also ohne Eltern, nach Österreich geflohen sei, habe ihr erzählt, "dass er, seit er vor zwei Tagen im Lager angekommen ist, auf dem Boden schläft. Auch andere berichteten, dass viele ohne Matratze auf dem Boden oder auf dem Gras schlafen", schrieb sie auf Facebook.

Freiwillig im Freien

Ohne Dach über den Kopf müsse im Traiskirchner Lagerareal niemand nächtigen, reagiert darauf ein Ministeriumssprecher. Aber es komme durchaus vor, dass Flüchtlinge den freien Himmel der überbelegungsbedingten Enge in den Quartieren vorziehen würden. Meist, so bestätigt er, handle es sich dabei um Schutzsuchende in der Asyl-Aufnahmephase, während der sie das Lager nicht verlassen sollen.

Laut einer anonym bleibenden Quelle wird dieser Flüchtlingsgruppe deshalb keine Matratze ausgefolgt, weil dies als Hinweis darauf gelten könnte, dass sie ins Lager bereits aufgenommen wurden. Auf Standard-Anfrage gab es im Ministerium dafür keine Bestätigung.

Ortchef: 800 Flüchtlinge weniger

Dort prüft man derzeit vielmehr einen feuerpolizeilichen Mandatsbescheid des Traiskirchner Bürgermeisters Andreas Babler (SPÖ) von Samstagabend. Er wurde in Reaktion auf einen Matratzenbrand Samstagmittag ausgestellt, nach dem sich in Stiegenhäusern und Gängen des größten Wohnhauses auf dem Areal dichter Qualm verbreitet hatte. Verletzt wurde niemand.

Laut Bescheid soll das Innenministerium die Belagszahl im Lager bis Mittwochabend auf 1400 Untergebrachte reduzieren. "In diesem Fall müssten noch mehr Flüchtlinge in Zelte übersiedeln", sagt der Ministeriumssprecher. (Irene Brickner, 1.6.2015)